Beiträge von Gregor von Brandis

    Auf Anfrage hin schreibe ich mal eine kurze Abhandlung, die die Kirche des 12. Jahrhunderts ein wenig erklärt. Die heutige Kirche ist schon komplex genug, und selbst sie unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der des 12. Jahrhunderts!



    Hintergrund & Kirchenpolitik


    Gehen wir 200 Jahre zurück. Im 10. Jahrhundert ging es in der Kirche ziemlich übel zu. Es war voll mit lauter schwachen Päpsten, die sich von weltlichen Herrschern, vom Pöbel und zeitweise sogar von den päpstlichen Konkubinen rumschubsen ließen. Diese Zeit wird oft als Tiefstpunkt der Kirche angesehen.


    In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts besserte sich die Lage. Fähige Päpste stärkten die politische Position des Papstes und begannen einige Reformen.


    Dummerweise brach in dieser Zeit auch die katholische mit der orthodoxen Kirche. Das geschah aus einer Anzahl von komplexen theologischen und politischen Gründen im Jahr 1054. Dieser Vorfall wird als das große Schisma bezeichnet.


    Was Reformen anging, trat in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts Gregor VII (bekannt dadurch, dass er Kaiser Heinrich IV zum Canossagang zwang) ordentlich aufs Gas. Er verabschiedete eine Haufen von Reformen und Anordnungen, um die Kirche zu stärken, die Disziplin innerhalb des Klerus zu verbessern und seine Unabhängigkeit von weltlichen Herrschern anzuvisieren. Aus dieser Zeit kommen Konzepte wie das Zölibat, die zentrale Position des Papstes im Katholizismus (vorher war er viel eher Erster unter Gleichen) und die Idee, dass weltliche Könige keine Bischöfe ernennen sollten.


    Diese Reformen hatten zur Folge, dass die katholische Kirche immer weiter von der konservativeren (und dadurch paradoxerweise oft liberaleren) orthodoxen Kirche wegdriftete – mehr zu ihr im Kapitel zu den einheimischen Kirchen unten.


    Der Nachfolger von Gregor VII, Urban II, innovierte noch weiter – er erfand die Kreuzzüge, mit dem Ergebnis, dass das Königreich Jerusalem geboren wurde. Und unserer Zeit hat das Voranpeitschen von Reformen noch immer kein Ende gefunden.


    Der Klerus im Königreich Jerusalem stand somit stets einem schwierigen Balanceakt gegenüber. Auf der einen Seite wollte Rom, dass man mit dem raschen Reformtempo, das die Päpste vorgaben, Schritt hielt. Auf der anderen Seite wollte man die einheimischen Christen – aber wenig von diesen Reformen hielten – nicht vor den Kopf stoßen; schließlich war die Intention, sie in die katholische Kirche einzubinden. Und das war umso schwerer, je mehr sich die katholische Kirche von der orthodoxen wegbewegte.


    Wenn man einen Charakter in der Kirche hat, kann jener (wenn er politisch ist) daher zum Beispiel folgende Positionen vertreten:

    • Ein Reformierer, der die Regeln weiterhin anziehen und strikt festlegen möchte, egal was die in seinen Augen religiös rückständigen Syrer davon halten
    • Ein Konservativer, der um den Ausgleich mit der orthodoxen Gemeinde bemüht ist und findet, dass der Reformationswahn Roms überhand genommen hat
    • Ein Vermittler, der versucht, es beiden Seiten so recht wie möglich zu machen – oder der sich die Rosinen aus beiden Positionen heraussucht


    Weltgeistlichkeit vs Ordensgeistlichkeit


    Es gibt zwei Sparten der Kirche, die Weltgeistlichkeit und die Ordensgeistlichkeit.


    Weltgeistlichkeit


    Die Weltgeistlichkeit sind Geistliche mit seelsorgerischen Aufgaben – das sind die Geistlichen, die man in den Pfarrkirchen und Kathedralen sehen kann. Im 12. Jahrhundert gab es drei grundsätzliche Weihen, die ein Weltgeistlicher durchlaufen konnte.


    Diese Weihegrade waren:

    • Diakon – ein Priesterassistent. Ähnlich wie ein Lehrling bei einem Handwerker, der einem Priester (manchmal auch einem Bischof oder einer Gruppe von Priestern) beigestellt wird und den Priester in einigen Sachen unterstützen oder stellvertreten kann.
    • Priester – diese Weihe war Bedingung für eine Reihe von Jobs in der Kirche wie zb Pfarrer, Diakon, Kanoniker, Kaplan usw. Ein Priester ist dazu qualifiziert, alle Sakramente (bis auf die Weihe) zu erteilen, zu predigen, Segnungen zu machen usw.
    • Bischof – die höchste Weihe. Ein Bischof konnte alles tun, was ein Priester konnte, und er konnte auch die Weihe zum Diakon und zum Priester erteilen. Ein Bischof hatte üblicherweise eine Diözese in der er allen anderen Geistlichen vorstand.

    Zusätzlich gab es auch mindere Ämter, die man inne halten kann bevor man Diakon wird, wie den Akolyten (was heute in etwa einem Ministrant entspricht), aber das wird nicht üblicherweise wirklich zum 1. Stand gezählt.


    Die katholische Weltgeistlichkeit stand nur Männern offen – aber in den einheimischen Kirchen (siehe unten) konnten Frauen Diakonissen, dh weibliche Diakone, werden.


    Ordensgeistlichkeit


    Die Ordensgeistlichkeit sind Geistliche, die einem religiösen Orden angehören und daher einen Schwur auf eine Ordensregel abgelegt haben (diesen Schwur nennt man das Ordengelübde). Man muss keine Weihe bekommen haben, um Ordensgeistlicher zu werden. Aufgaben von Ordensgeistlichen unterschied sich nach Orden und nach Rang innerhalb des Ordens.


    Es war absolut möglich, ein Mitglied der Ordensgeistlichkeit zu sein und trotzdem Weihen empfangen zu haben. Jedes Kloster brauchte beispielsweise einen Propst – einen Ordenspriester, der den Mönchen/Nonnen die Sakramente erteilte und die Messe zelebrierte. Auch die Johanniter und die Templer haben Priester, die ihren Ordensgenossen Seelsorge zukommen lassen. Und es gab auch die Regularkanoniker, siehe unten.


    Die Ordensgeistlichkeit ist ein weit gefächertes Spektrum und umfasste unter anderem:

    • Klöster: Hier verbringen Mönche und Nonnen ihre Zeit beim Beten und Arbeiten. Das Gelübde kann man nur ablegen, wenn man vorher einige Zeit lang als Novize gedient hat. Im 12. Jahrhundert kann man die meisten Klöster in eine von zwei Gruppen unterscheiden:
      • Benediktiner – ein hierarchisch organisiertes Netzwerk an Klöstern, die dem Erzabt von Monte Cassino unterstehen und sich an die Regeln des St Benedikt halten
      • Augustiner – voneinander unabhängige Klöster und klösterliche Gemeinschaften, die sich an die Regeln des St Augustin halten (die etwas strikter sind als die Regeln des St Benedikt)
    • Ritterorden: eine neue Art von Orden die im Zuge der Kreuzzüge entstand. Bei uns sind die Templer und Johanniter bespielt. Die Ordensmitglieder darin haben, anders als die Klosterbewohner, nicht die Aufgabe, fernab von der Realität der Welt zu beten, sondern sich für Kranke einzusetzen, Pilger zu verteidigen und Ungläubige zu vernichten
    • Eremiten: Eremiten waren Leute, die bei ihrem Bischof einen Eremitenschwur gemacht haben. Das bedeutete, dass sie sich von der Welt zurückzogen, um abseits von der Zivilisation (zum Beispiel in den Bergen, einer Wüste oder auch einer abgelegenen Behausung oder Höhle) alleine als Einsiedler zu leben, um sich auf die Zwiesprache mit Gott zu konzentrieren. Es gab auch spezifische Eremitenorden.
    • Regularkanoniker: das waren Gruppen von Priestern, die sich zu einem Kollegium zusammenschlossen, ein Gelübde auf die Regeln des St Augustin ablegten, und sich gemeinschaftlich zusammen um eine Kirche oder eine Kathedrale kümmerten. Sie erteilten Seelsorge wie in der Weltgeistlichkeit, lebten aber in einer klösterlichen Gemeinschaft.


    Kirchliche Hierarchie


    An der Spitze der Kirche steht der Papst; ihm zu Seite stehen die Kardinäle, die ihn wählen (im Mittelalter waren das selten mehr als 20 Leute).


    Dem Papst unterstehen sowohl Welt- wie auch Ordensgeistlichkeit.


    Direkt unter ihm stehen, auf der einen Seite, die Oberhäupte der Orden. Das waren beispielsweise der Meister der Johanniter und der Großmeister der Templer. Im Fall der Benediktiner war das Ordensoberhaupt der Erzabt von Monte Cassino, welcher der Chef der Äbtissin von St Anna ist.


    Auf der anderen Seite war er der ultimative Chef aller Bischöfe. Bei Bischöfen gab es drei Ränge:

    • Ein (einfacher) Bischof war das Oberhaupt einer Diözese, wo er Chef aller dortigen Priester und Diakone war.
    • Ein Erzbischof war ein Oberbischof, dem sowohl seine eigene Diözese wie auch eine Gruppe von anderen Bischöfen unterstand. Den Wirkungsbereich eines Erzbischofs samt der ihm unterstehenden Bischöfen nennt man Kirchenprovinz.
    • Patriarchen gab es im 12. Jahrhundert in der katholischen Kirche (abgesehen vom Papst) nur 2 – der von Jerusalem und der von Antiochia. Dem Patriarchen von Jerusalem unterstand die gesamte Kirche im Königreich Jerusalem (und auch die Diözese von Jerusalem an sich).

    Ein Beispiel ist der Bischof von Tiberias. Er untersteht dem Erzbischof von Nazareth. Dessen Chef ist der Patriarch von Jerusalem – und über diesen rangiert nur noch der Papst.



    Wie wird man Geistlicher?


    In den Klerus konnte nicht jeder einfach so reinspazieren. Die Klöster waren oft wählerisch darin, Kandidaten als Novizen zu akzeptieren, und zum Diakon und Priester geweiht werden konnte man nur durch Bischöfe – die wenig Lust darauf hatten, jeden dahergelaufenen Niemand in die Kirche zu lassen, denn der Klerus betrachtete sich aus ausgesuchte Elite. Selbst die Ritterorden, die jeden Kämpfer benötigten, erlaubten nicht jedem, einfach so Ordensritter zu werden.


    Geistlicher konnte man zum Beispiel in folgenden Szenarien werden:

    • Du kommst aus einer respektablen Familie, die ihren Einfluss beim Bischof oder beim Kloster geltend gemacht hat, damit die die Tür geöffnet wirst
    • Du hast eine spezielle Bildung/Befähigung, die dir den Weg in die Kirche ebnet, zb eine Ausbildung an einer Domschule oder Universität, oder im Fall der Ritterorden Kampferfahrung und Ritterschlag
    • Du hast einen der Entscheidungsträger (zb den Abt oder den Bischof) durch einen dramatischen Glaubensakt oder vielleicht auch durch beständige harte Arbeit dazu überzeugt, dich in die Kirche zu holen


    Arbeit außerhalb der Kirche


    Es gab einige Berufe, die Geistliche außerhalb der Kirche ergreifen konnten.


    Ordensgeistliche des 12. Jahrhunderts durften generell nicht außerhalb ihres Ordens arbeiten, es sei denn sie bekamen eine Erlaubnis, oder einen Auftrag, von ihrem Abt dafür.


    Für Weltgeistliche, welche keinen strengen Gelübden unterworfen waren, war dies viel einfacher, vor allem wenn sie ihre Priesterweihe hinter sich hatten. Die Nachfrage nach Priestern, die in Burgen, Pfalzen und königlichen Institutionen als Schreiber und gleichzeitig auch Kaplane (dh private Seelsorge) agieren konnten, war groß. Manche Priester kombinierten ein kirchliches Amt, zb den Beruf eines Pfarrers oder eines Vikars, mit einem lukrativen Job in der „Privatwirtschaft“; die meisten aber entschieden sich für das eine oder andere. Man konnte auch recht nahtlos dazwischen wechseln – die Erfahrungen und persönlichen Verknüpfungen, die man zum Beispiel als Kaplan eines fürstlichen Haushaltes gemacht hatte, waren durchaus nützlich für einen Aufstieg in andere kirchliche Ämter.


    Bischöfe des 12. Jahrhunderts ergriffen allerdings eher selten einen Beruf außerhalb der Kirche, allenfalls als Kanzler des Königreichs Jerusalem oder einem der Granden.



    Die einheimischen Kirchen


    Die Kreuzfahrer waren konfrontiert mit der Existenz von einigen einheimischen Kirchen im KJ, deren Beziehung mit der katholischen Kirche ich mal kurz beschreiben werde.


    Griechisch-orthodoxe Kirche


    Die große Mehrheit aller Syrer im KJ waren griechisch-orthodox; griechisch-orthodoxe Syrer wurden auch als Melkiten bezeichnet.


    Die katholische Kirche riss sich bei der Eroberung von Jerusalem die orthodoxe Kirche unter den Nagel. 1099 war das große Schisma (der Bruch zwischen katholischer und orthodoxer Kirche, siehe im Hintergrund) erst 45 Jahre her, und katholisches & orthodoxes Christentum wurde nach wie vor als eine einzige Kirche gesehen, die nur eine kurzzeitige Trennung erlebte (dass das eine endgültige Trennung war, wusste noch keiner). Die katholische Kirche sah das alles also als rechtmäßig ihres an. 1133 würde man wohl ahnen, dass die Kirchenspaltung überdauern würde… aber der katholischen Kirche würde es im Traum nicht einfallen, das Kirchengut einfach so zurückzugeben.


    Das bedeutete also, dass die Melkiten im KJ stets einen katholischen Bischof hatten, und manchmal auch einen katholischen Pfarrer, was hiess, dass sie wohl oder übel damit zurechtkommen mussten, dass der Gottesdienst auf Latein war. Der griechisch-orthodoxe Klerus aber war weiterhin im KJ aktiv, insbesondere in den griechischen Klöstern.


    Armenische Kirche


    Die Armenier bekannten sich lange vor Europa zum Christentum; die armenische Kirche ist also alt und komplett unabhängig von der katholischen Kirche. Das respektierten die Kreuzfahrer – alle Besitztümer der armenischen Kirche wurden in Ruhe gelassen, Armenier konnten weiterhin ungestört ihrer nationalen Spielart des Christentums nachgehen, und es gab auch einen armenischen Bischof von Jerusalem, der im armenischen Kloster lebte.


    Syrisch-orthodoxe Kirche


    Syrisch-orthodoxe Christen, auch Jakobiten genannt, haben trotz ihres Namens nicht wirklich etwas mit den griechisch-orthodoxen Christentum zu tun; tatsachlich sind die Jakobiten in ihrer Interpretation des Christentums den Armeniern viel näher als den Melkiten. Die Jakobiten wurden ebenfalls in Ruhe gelassen von den Kreuzfahrern; in Jerusalem gab es keinen jakobitischen Bischof, aber es gab eine wichtige jakobitische Kirche im syrischen Viertel. Es gab recht viele Jakobiten in Antiochia und in Edessa, aber im KJ waren sie eine kleine Minderheit.



    Das ist jetzt doch ein bisschen länger geworden als beabsichtigt… aber ich hoffe, das beschreibt die Situation ein wenig!


    Aber jetzt mal ne Frage, die vielleicht dumm ist.... haben denn die Kreuzfahrer, vor allem der Adel, ihre Anwesen alle neu gebaut oder haben sie auch auf heimische Häuser / Anwesen zurückgegriffen, wenn es diese schon gab?
    Dann wäre doch vermutlich auch die einheimische Architektur interessant oder nicht?

    Du meinst in der Stadt Jerusalem? Die Kreuzfahrer haben in Jerusalem ein bisschen umgebaut, aber ich würde sagen in der Stadt sind zu unserer Spielzeit 90 oder sogar 95% der Architektur einheimisch. Nach dem Massaker, dass die Kreuzfahrer in der Stadt verübt waren, war Jerusalem einige Jahre sehr verlassen, und Balduin I (regierte 1100-1118) hat hart dafür arbeiten müssen, dass neue Ansiedler (insbesondere Christen aus dem Jordantal, aber natürlich auch Franken) wieder in die bestehenden Gebäude in Jerusalem einzogen. Da gab es wenig Andrang, zusätzlich zu den bestehenden Gebäuden neue Häuser zu bauen. Ausnahmen waren da ein paar Kirchen, Marktgebäude und Befestigungen. Außerhalb von Jerusalem (wo die Verhaeltnisse anders waren) war fränkische Architektur aber öfter anzutreffen.

    Danke für den Post, das ist mir auch schon aufgefallen :) und auch für die Bilder! Nicht umsonst nennt man die Region, in der Jerusalem sitzt, den fruchtbaren Halbmond.


    Ein Blick auf die Klimaklassifikation nach Köppen sagt aus, dass Jerusalem sich in der csa-Zone befindet – also sommerheißes Mittelmeerklima. Das ist genau das selbe Klima wie entlang der Mehrheit der europäischen Mittelmeerküste. Um euch vorzustellen, wie das Klima und die Vegetation um Jerusalem aussehen, denkt also einfach zurück an euren letzten Urlaub in Andalusien, Süditalien, Griechenland oder der Türkei :)


    Südlich von Jerusalem, anfangend bei Hebron, geht das Klima über in die bsh-Zone – heißes Steppenklima. Noch immer keine richtige Wüste, aber schon erheblich trockener. Da wachsen noch immer mehr als genug Pflanzen, aber solche die wenig Wasser benötigen wie Dornsträucher usw. In Europa gibt es so was in Südspanien um Almeria herum.


    Und erst südlich davon, in der Negev und Teilen von Oultrejourdain, kann man die bwh-Zone, das heiße Wüstenklima, finden – wo die Vegetation allmählich aufhört und bloß durch Sand ersetzt wird. Diese Region ist extrem dünn besiedelt, insbesondere durch Beduinen – permanente Ortschaften gibt es hier nur an Oasen.

    Gerade gesehen dass es dazu noch keine Antwort gibt!


    Schar klingt meiner Meinung, obwohl etymologisch gesehen sicher das treffende Wort, irgendwie nach Pfadfindern, oder einer Gruppe von Singvögeln. Eine Ritterschar klingt für mich irgendwie… harmlos, als ob die ritter mit einer Laterne von Haustür zu Haustür gehen um um Schokolade zu betteln ^^


    Als alternatives Wort würde mir schwadron, oder eskadron, einfallen - weil es ähnlich klingt und eine kavalliereinheit ist; leider aber erst ab dem 17. jh belegt - und es klingt leider nach schwadronieren. Das Wort „Geschwader“ bedeutet etymologisch gesehen das selbe aber ich glaube es vermeidet diese assoziierung!


    Andernfalls eine Truppe von Rittern? Eine Staffel? Ein Verband?

    @Guillaume: danke! Ich habe da meine Begriffe durcheinander gebracht. Die Unterscheidung die ich im Hinterkopf gehabt habe war zwischen Miles nobilis (edler Soldat - also ritter) und Miles gregarius (Soldat aus dem Volk - also waffenknecht).


    Für einen berittenen Waffenknecht kann ich das Wort „Reisiger“ anbieten. Das ist aus dem Spätmittelalter belegt aber hat den Vorteil ein eindeutiges Wort zu sein!


    Für die pedites gäbe es das ebenfalls belegte Wort „Fußknecht“.


    Wären reisiger und fußknecht eine passende Bezeichnung für das was du suchst?


    Oben wurde auch Burgmann erwähnt, aber ich glaube das war eher für Mitglieder der Garnison einer Burg oder einer Stadt.

    Bin gerade unterwegs und kann daher nicht viel schreiben. Ja, wir haben im Grunde genommen die Umstände des HRR im 14. Jahrhunderts auf das 12. abgekupfert. Bei uns war das noch viel „archaischer“. Sofern ich mich erinnern kann gab es den Begriff des ritters noch gar nicht so lange; die karolinger hatten ja noch ihre panzerreiter und keine Spur vom Rittertum.


    Dennoch weiß ich nicht wieviel man in diesen Bericht über Milites vs pedites reinlesen kann (abgesehen davon dass 1099 bei uns schon fast zwei Generationen her ist). Miles heißt eigentlich „Soldat“, und ich kann mich daran erinnern etwas gelesen zu haben davon dass man da Unterscheidungen machte (ich kann mich vage an das Konzept eines „miles stipendiarius“, ein „belehnter Soldat“, im Gegensatz zu anderen milites, erinnern).


    Die Orden, zumindest die templer, unterschieden auf jeden Fall schon zwischen ordensrittern und Sergeanten (die bei den templern immer nicht-adlig aber beritten waren).


    Und außerdem würde ich sagen zumindest gesellschaftlich bestünde ein Unterschied. Von einem adligen wird ein ganz anderer Lebenswandel erwartet als von einem gemeinen, und zudem besteht beim Rittertum das gewisse sakrale etwas (die schwertleite gab es bei uns schon, und es wäre gut würde das etwas bedeuten).


    Daher wäre ich eigentlich dafür es so zu belassen wie wir es haben. Eine Idee wäre vllt, einen Unterschied zwischen waffenknecht zu Fuße (armer schlucker) und einem waffenknecht zu Ross (steht mit einem Bein im Adel) einzuführen? Aber selbst das wirft Fragen auf; ein berittener turkopole zum Beispiel würde gesellschaftlich, Pferd hin oder her, gewiss niedriger dastehen als ein erfahrener, schwer bewaffneter waffenknecht zu Fuß aus einer Region wo man einfach traditionell lieber zu Fuß kämpfte (Schwaben, Schottland usw).

    Hallo Antonio! Willkommen zurück, und vielen lieben Dank für dein Interesse an Antonio!


    Ich habe jetzt einige Zeit nachgedacht, und will jetzt meine Entscheidung nicht mehr herauszögern. Ich muss in diesem spezifischen Fall leider ablehnen. Diesen Entschluss habe ich nicht leichtfertig getroffen; im Endeffekt habe ich zwei Gründe.


    Erstens, dein probepost ist etwas kurz geraten. Und meines Erachtens (aber das ist nur meine subjektive Meinung) ist er etwas generisch. Natürlich verlange ich von niemandem hier Romane, aber ein kleines bisschen mehr würde ich mir schon erwarten... immerhin will ich ein ganz genaues Bild davon erhalten, wie genau diese ID bespielt werden wird.


    Zweitens, und ich weiß dass das total unfair klingen könnte, deine bisherige unstete Anwesenheit gibt mir nicht die komplette Zuversicht, dass diese id nicht wieder liegenbleiben wird.


    Normalerweise würde ich dir dennoch die Chance geben. Aber diese id ist extrem wichtig für zwei meiner ids, und für das geistliche und venezianische Leben im Forum allgemein, und ich will sie wirklich nur vergeben wenn ich mir 110 Prozent sicher bin.


    Es tut mir echt leid, dass ich dir zu diesem Zeitpunkt keine bessere Neuigkeiten geben kann. Aber das heißt nicht, dass ich in meiner Meinung unflexibel bin! Was ich vorschlagen könnte, ist, dass du erst einmal mit einer anderen id beginnst, egal ob im Klerus oder anderswo. Wenn du einmal stetige Anwesenheit bewiesen hast und ich das Gefühl habe, dass du die Schuhe von Antonio Morosini ausfüllen kannst, können wir sehr gerne noch einmal drüber reden:)

    Ich stimme zu, ein König konnte das nicht so einfach tun, insbesondere angesichts des hohen Grades von Autonomie der Vasallen im Königreich Jerusalem. Es müssten da schon ganz bestimmte Bedingungen am Werke sein. Romains Beispiel von Toulouse war im Grunde genommen eine Kapitulation nach einem langen, ziemlich katastrophalen Krieg und das Vorspiel auf die Liquidierung der Grafschaft nach dem Tod des Grafen - also ziemlich besondere Umstände :)


    Ein Beispiel das mir einfällt war aus dem Jahr 1356, als Kaiser Karl iv die Burg karlshaus errichten ließ und sich danach mit Haus Rosenberg in die Haare kriegte. Obwohl die Burg genau an der Grenze zwischen krongut und der Herrschaft Rosenberg errichtet wurde, (und eigentlich nicht wirklich in der Herrschaft selber) beschwerte sich der Herr von Rosenberg am Reichstag darüber, dass Karl illegal seine Herrschaft beeinträchtigte. Karl und Rosenberg einigten sich schließlich mit einem Ausgleich, aber das beweist wie sensibel sowas war.


    Ich denke also dass ein König, bevor er auf dem Gebiet eines Vasallen eine Burg errrichten wollte, ziemlich sicher vorher normalerweise um Genehmigung beim Vasallen ersuchen müsste, oder alternativ zumindest so eine Aktion durch eine Wahl in der haute cour absegnen lassen musste :)

    Die Zahlen erscheinen mir ok! Genau werden wir eh nie wissen, wieviele Einwohner jedes einzelne Kaff genau besaß.


    Ich hab irgendwann mal gelesen dass Akkon größer war als Jerusalem, aber ich weiß nicht mehr wo. Das könnte sich natürlich auch auf z.B. 1240 oder so bezogen haben, als Jerusalem noch einmal kurzzeitig zum Königreich gehörte aber die Musik schon lange in Akkon spielte :) Es erscheint mir freilich auch rollenspielerisch sinnig, dass Jerusalem die bevoelkerungsreichste Stadt ist.

    Ich habe ein paar sehr nützliche Quellen zur Sprache der Kreuzfahrerstaaten aufgetan, die ich mit euch teilen wollte :)


    Die ursprünglichen Eroberer des Königreichs Jerusalem stammten aus Nordfrankreich, und etablierten Französisch als die grundlegende Sprache des Königreichs. Weil die Eroberer aus vielen verschiedenen Teilen Frankreichs stammten, einigte man sich auf das Französisch von Paris - welches in Frankreich selber nur von vielleicht 10% der Bevölkerung gesprochen wurde, aber schon damals ein Sprachstandard war und sich später in die moderne französische Sprache entwickelte.


    Sehr schnell nach dem ersten Kreuzzug jedoch entwickelte sich das Französisch der Kreuzfahrerstaaten in eine eigene Richtung.


    Erstens wurden viele Worte aus den einheimischen Sprachen aufgenommen. Die Kreuzfahrer machten sich sehr schnell Worte aus dem Arabischen, dem Griechischen, dem Armenischen und dem Aramäischen zu eigen. Manche dieser Worte wurden später auch vom modernen Französisch vereinnahmt, viele davon aber verblieben typisch für das Französisch von Outremer. Beispielsweise "Mehtesep" (deutsch: Marktvogt) - von arabisch "Muhtasib".


    Zweitens wurde das Französisch von Jerusalem sehr schnell vom Okzitanischen beeinflusst. Der Grund dafür war, dass sehr viele Zuwanderer (gemäß einiger Quellen, die Mehrheit) aus ländlichen Gebieten in Südfrankreich kamen. Auch das Italienische nahm Einfluss auf die französische Sprache in der Levante, da sich im Heiligen Land viele Händler und Zuwanderer aus den Seerepubliken und anderen Regionen in Italien niederließen. Südfrankreich und Italien waren im 12. Jahrhundert die dicht bevölkertsten Regionen von Europa, und die Kreuzfahrerstaaten boten ein interessantes Migrationsziel. Aus diesem Grund wurden Worte oft anders ausgesprochen als in Nordfrankreich, und viele okzitanische und auch italienische Worte filterten in den normalen Sprachgebrauch. Typisch war zum Beispiel, dass sich am Ende eines Wortes das “l” in ein “u” verwandelte - z.B. Standardfranzösisch “Marechal” - Kreuzfahrerfranzösisch “Mareschiau” (deutsch: Marschall) ; Standardfranzösisch “ce quel” - Kreuzfahrerfranzösisch “ciau” (deutsch: das was).


    Jenes “Kreuzfahrerfranzösisch” war die Sprache der Haute Cour und des Bürgergerichts, und jeder Lateiner, der am öffentlichen Leben teilhaben wollte, sprach diese Sprache (im Syrergericht hingegen wurde vermutlich arabisch gesprochen). Französisch wurde auch von Einheimischen - nicht immer fließend - benutzt, um mit den Lateinern und den Authoritäten zu kommunizieren.


    Quellen, die ich benutzt habe:


    - “Life in the Crusader States”, Podcast von Sharyn Eastaugh
    - “Les emprunts arabes et grecs dans le lexique francais d’Orient”, Laura Minervini
    - “Evolutions au francais: etudes de linguistique diachronique”, Benjamin Fagard
    - “Cultures courtoises en mouvement”, Isabelle Arseneau

    Gut dass du das Thema ansprichst, ich habe sehr kürzlich einen guten Podcast zu dem Thema gehört! Ich wollte da meine Notizen teilen :) Über die Kreuzfahrerstaaten gab es da die folgenden Informationen:


    - Grafschaft Edessa: Mehrheitlich armenische Bevölkerung, gefolgt von den syrisch-orthodoxen Christen (die Jakobiter genannt wurden). Es gab auch assyrische, nestorianische und orthodoxe Christen; die Muslime stellten eine Minderheit dar.


    - Fürstentum Antiochia: Mehrheitlich orthodox, mit jakobitischer Minderheit.


    - Grafschaft Tripoli: Mehrheitlich maronitisch (eine christliche Sekte, die kurz nach den Kreuzfahrten den Papst als Oberhaupt anerkannte).


    - Königreich Jerusalem: Gemischte Bevölkerung. Die Städte waren mehrheitlich christlich, aber die ländliche Bevölkerung war tendetiell muslimisch (insbesondere im Süden). Die größte christliche Gemeinschaft (abgesehen von den Katholiken) waren die Griechisch-Orthodoxen, dann die Jakobiter, dann die Armenier (letztere besonders in Jerusalem und Haifa vertreten).


    EDIT: man muss auch anmerken, dass nach dem 1. Kreuzzug sehr viele Muslime aus der Levante flohen. Damaskus z.B. bekam ein komplett neues Viertel, dass aus palaestinensischen Fluechtlingen bestand. Viele davon kehrten nach Saladins Rueckeroberung wieder nach Jerusalem zurueck.

    Ich glaube, wir haben noch nirgendwo eine Übersicht über die gebräuchlichen Maße und Gewichte, welche im Königreich Jerusalem im 12. Jahrhundert (also lang vor der Erfindung des metrischen Systems im Jahr 1790) bestanden.


    Ich orientiere mich hier an den traditionellen französischen Maßen und Gewichten – was der Grund ist, warum zB die Meile 3,2 km statt nur 1,6 km lang ist, und eine Pinte nicht 0,568 sondern 0,952 Liter beträgt :)


    Der Vollständigkeit halber sind auch ein paar arabische Maße und Gewichte, wie sie den Kreuzfahrern sicher bekannt waren, hier gelistet.


    Europäische Längenmaße


    1 Linie = 2,2 mm
    1 Zoll = 12 Linien = 27,07 mm
    1 Fuß = 32,48 cm (Länge des königlichen Fußes)
    1 Klafter = 6 Fuß = 1,949 m (angeblich die Körpergröße von Karl dem Großen)
    1 Rute = 22 Fuß = 7,146 m
    1 Meile (die französische Meile wurde auch als Leuge, von französisch Lieue, bezeichnet) = 10000 Fuß = 3,248 km


    Europäische Volumen


    1 Roquille = 29.75 ml
    1 Posson = 4 Roquilles = 119 ml
    1 Demiard = 2 Possons = 238 ml
    1 Chopine = 2 Demiards = 476 ml
    1 Pinte = 2 Chopines = 952 ml
    1 Quade = 2 Pinten = 1,904 l
    1 Velte = 4 Quaden = 7,617 l


    Europäische Gewichtsmaße


    1 Prime = 2.2 mg
    1 Gran = 24 Primen = 53 mg
    1 Denier = 24 Grane = 1,27 g
    1 Gros = 3 Denier = 2,82 g
    1 Unze = 8 Gros = 30,6 g
    1 Mark = 8 Unzen = 244,75 g
    1 Pfund = 2 Mark = 489,5 g
    1 Zentner = 100 Pfund = 48,95 kg
    1 Tonne = 20 Zentner = 979 kg


    Arabische Längenmaße


    1 Finger = 2 cm
    1 Hand = 8 cm
    1 Fuß = 32 cm
    1 Kubit (Arabische Elle) = 64 cm
    1 Klafter = 1,92 m
    1 Rute = 3,84 m
    1 Stadion = 192,04 m
    1 Meile = 1,92 km
    1 Parasang (Persische Meile) = 5,76 km


    Arabische Gewichte


    1 Habbah = 51 mg
    1 Qirat (Karat) = 195 mg
    1 Dirham = 3,125 g
    1 Ratl = 437,5 g
    1 Qintar = 44,97 kg