Beiträge von Guillaume de Bures

    Danke für die Einblicke, das klingt schon auch plausibel.


    Ich schreibe hier nochmal kurz was zu Kaiserswerth, denn mich macht das wirklich wahnsinnig:



    Also


    UG: Da ist wohl nur dieser Mittelhof, das war aber wohl das Sammelbecken für die Latrinen, das floss von dort aus in den Rhein.


    EG:

    2 - Ist wohl eine Wachkammer, dort liegt auch der Eingang in dieses Geschoss.

    3 - Vorraum zu einer Wendeltreppe nach oben (es gab auch außen am Gebäude noch eine Treppe) - Zusätzlich vielleicht ebenfalls Vorratsraum?

    4 - Wohl ein Vorratsraum, öffnet sich auch zum Rhein hin, vermutlich konnten hier Vorräte vom Schiff her hingeladen werden.

    5 - Eine Filterzisterne und in der Mitte ein Brunnenschacht, welcher hinauf bis in die Obergeschosse reichte, das heißt, man konnte auch dort Wasser schöpfen.

    5a - Gang zu Raum 6

    6 - Vermutlich ein Heizraum für ein darüberliegendes Dampfbad

    7 - "Jauchegrube/Innenhof"

    8 - unterstes Geschoss des großen Turmes


    1. OG:

    9 - Vermutlich Wohnraum des Kaisers. Über eine Holzbrücke gelangt man in ein kleineres Turmgemach (9a) außerdem gibt es einen privaten Zugang zu einer Latrine (7a)

    10 - Vorraum zum Kaiserzimmer, hier ist der "Hauptzugang" zum Geschoss über die repräsentative lange Treppe (links vom Raum 10) und außerdem ist hier auch die Wendeltreppe (3a)

    14 - Latrinen

    11 - unbekannt, wozu dieser Raum gedient hat

    12 - Brunnenstube - hier konnte man aus dem Brunnen schöpfen

    13 - Vermutlich ein Dampfbad, das würde auch Sinn machen, weil der Brunnen direkt daneben lag.

    15 - Turmraum, unbekannte Nutzung


    2. OG:

    16. - Vorraum zum großen Saal, bis hier hinauf reichte auch der Brunnenschacht, das heißt hier konnte man auch von ganz unten her Wasser hinauf schöpfen. Links kam man die lange Treppe hinauf, welche sich über die gesamte Gebäudelänge hinweg zieht.

    17 + 17a - Großer Saal.

    19 - Latrinen

    21 - Turmraum, unbekannte Nutzung

    20 - unbekannt, wozu dieser Raum gedient hat

    18 + 18a - Kapelle


    Fortsetzung der Türme:

    Über den Räumen 18 und 21 gehen die beiden Türme der Pfalz noch weiter nach oben, der Turm über dem Raum Nr. 21 sogar noch erheblich weiter.



    Die grün markierten Räumlichkeiten wären nun theoretisch noch als Wohngemächer frei...



    Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin bei diesem ganzen Thema skeptisch.


    Ich habe etwas das Gefühl, dass diese gesamte "alle haben in einem Zimmer zusammen gelebt" Geschichte so ein Vorurteil ist, welches man sich über das Mittelalter gerne erzählt und welches sich übers Internet verselbstständigt. Das mag sicherlich für manche Bereiche gelten. Ärmere Familien zum Beispiel.


    Aber die Adligen haben sich gewaltige Hallen und Säle gebaut und es gab oft genug auch Wohngebäude daneben. Und dort sollen dann alle in einem Raum geschlafen haben? Jeder schnarcht und schnauft?


    Die Konstruktion von separaten Räumen ist architektonisch nicht besonders anspruchsvoll. Man baut eine mittelgroße Halle und fügt Trennwände ein und schon gibt es für die etwas respektableren Mitglieder des Haushaltes eigene Räumlichkeiten. Vor allem bei adligen Haushalten oder am königlichen Hof würde das schon Sinn machen, finde ich.


    Aber ich recherchiere zu dem Thema und will nichts einfach annehmen, ehe ich nicht irgendwelche Belege habe.

    Ach sorry, bei den Einheimischen Gebäuden bin ich noch dran. Aber was ich schon sagen kann: Decken wurden auch im Orient durch Tunnel oder Kreuzgewölbe überwölbt. Balkendecken - wie in Westeuropa - gab es mangels großen Holzstämmen eher selten. Natürlich könnte man die aus dem Libanon herbei schaffen, aber warum sollte man das tun, wenn man Stein in rauen Massen hat?


    Anderes Thema: Königliche Pfalz


    Ich will mal nach Informationen über die Kaiserpfalz Goslar suchen. Das klingt bei Wikipedia schon sehr interessant:


    Zitat

    Das Kaiserhaus ist mit 54 Metern Länge und 18 Metern Tiefe der größte Profanbau seiner Zeit. Das Zentrum des Kaiserhauses stellt der zweigeschossige Saalbau dar. Er beherbergte übereinander zwei Säle von 47 Metern Länge und 15 Metern Tiefe. Beide hatten eine Balkendecke, die in der Mitte durch eine Säulenreihe gestützt wurde. Der obere Saal wird als „Sommersaal“ bezeichnet. Mit sechs großen Rundbogenöffnungen und einem ebenfalls stark bogen-strukturierten Mittelbereich in seiner Ostfassade, der wohl auf einen Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. führte, ist der Raum durch das Mauerwerk „nach außen hin geöffnet“. Möglicherweise wurde so dem „thingrecht“ genüge getan, wonach ein Gericht unter freiem Himmel abgehalten werden sollte. Der untere Saal führt die Bezeichnung „Wintersaal“. Die Ostfassade wurde hier nur wenig und in verschiedenen Ausbauphasen durch kleine Fenster durchbrochen. Im Wintersaal findet sich eine Warmluftheizung, wie sie auch in Tilleda, Werla, der Burg Lichtenberg in Salzgitter, im Alten Rathaus Göttingen und in anderen vergleichbaren Gebäuden vorkommt. Diese Warmluftheizung darf allerdings nicht mit dem römischen Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. verwechselt werden. Außerhalb des Saales im Westen befanden sich zwei große Öfen, in denen Holz verbrannt wurde. Nachdem Rauch und Funken möglichst verflogen waren, wurde eine Sperre entfernt und die warme Luft gelangte durch einen Kanal in den Saal. Im Saal teilten sich von den (hier) zwei großen Kanälen jeweils zwei kleine Kanäle in der Raummitte links und rechts ab. An ihren Enden befanden sich Verschlusssteine, die mit Deckeln (vermutlich aus Metall) verschlossen wurden. Sollte der Raum erwärmt werden, wurden die Deckel abgenommen, die Wärme konnte in das Saalinnere „strömen“. Der Saal konnte so für Versammlungen bei schlechterer Witterung genutzt werden.


    Im Norden schloss sich an den Saalbau ein ebenfalls zweigeschossiges Wohngebäude an. Auch hier war das Obergeschoss wahrscheinlich der kaiserlichen Familie vorbehalten. Es bot einen direkten Zugang sowohl in den oberen Saal als auch, wahrscheinlich über eine Galerie, in die benachbarte Liebfrauenkirche.


    Unter Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. wurden zu Beginn des 12. Jahrhunderts noch einmal bauliche Veränderungen am Kaiserhaus vorgenommen. Heinrich V. ließ am südlichen Ende ein dem älteren fast baugleiches zweites Wohngemach anfügen.


    Vor allem das Wohngebäude interessiert mich und wie es gegliedert war. Mal sehen, ob ich da etwas zu finde. Ist zwar geographisch nicht gerade dicht bei uns, aber ich denke man kann das zumindest vergleichen. Und auch der königliche Palast in Jerusalem war wohl ein zweigeschossiger Saalbau mit angeschlossenem Wohngebäude.



    So könnte Goslar zu unserer Zeit ausgesehen haben, das kleinere und etwas niedrigere Bauteil am Saal ist der Wohnbau:


    Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.

    Es gibt hier und dort einige fränkische Bauwerke in der Stadt oder zumindest Reste davon. In Akkon findet man aber viel mehr.


    Teilweise liegt das aber auch daran, dass Jerusalem durchgehend bewohnt war und somit viel fränkische Architektur einfach wieder abgerissen, neu gebaut, verändert usw. wurde. So dass man heute nurnoch Fragmente findet. Der Murristan war zum Beispiel ein komplett fränkisches Bauwerk meine ich.


    In Akkon hingegen wurde, nachdem die Kreuzfahrer weg waren, sehr viel zerstört. Dadurch blieb mehr erhalten. Sprich: Wenn du ein dreistöckiges Gebäude zum Einsturzt bringst, bleibt das Erdgeschoss unter dem Trümmerberg relativ intakt.


    Zur Architektur kann ich beizeiten nochmal was schreiben :)

    Naja, deine Artikel beschreiben das ja fast alles auch schon :)


    Ich plane ja für später auch noch eine visuelle Vorstellungshilfe :)

    Eventuell könnte man Bilder dann auch in die Wiki einbauen!


    Was ich an der aktuellen Karte von Jerusalem feststellen muss ist, ich habe die Häuser allesamt zu klein gemacht und nicht bedacht, wie dick und massiv die Wände sind. Ich denke ich werde da nochmal was überarbeiten müssen.


    Zudem ist ein sehr großer Anteil der Straßen im Zentrum mit Gewölben überdacht (auch heute ja teilweise noch).

    Ehe ich das wieder vergesse, will ich das hier einmal zusammentragen:

    Meine Quelle ist Adrian Boas: "Domestic Settings Sources on Domestic Architecture and Day-to-Day Activities in the Crusader States"


    Vorwort


    Gewölbe und Mauern:


    In der Levante wurden Dächer entweder als Tonnengewölbe, oder als Kreuzgewölbe gebaut. Tonnengewölbe brauchten massive und dicke Seitenwände um das Gewölbe zu tragen, wodurch in diese Wände nicht besonders viele Fenster oder Türen eingefügt werden konnten. Tonnengewölbe waren relativ einfach zu bauen, brauchten aber viel Zeit und Material.

    Kreuzgewölbe entstehen, wenn zwei Tonnengewölbe senkrecht aufeinandertreffen. Anstatt auf massiven Seitenwänden, ruht das Gewölbe auf vier Säulen. Man kann so viele Kreuzgewölbe aneinander reihen wie man möchte und somit eine große, überdachte Fläche schaffen. Die Außenwände können beliebig große Fenster enthalten (da sie nicht tragend sind). Kreuzgewölbe sind in der Konstruktion aber aufwändiger als Tonnengewölbe und benötigen wohl einen kundigen Baumeister. Meistens wurden daher Tonnengewölbe genutzt, wenn es keine guten Gründe für ein Kreuzgewölbe gab.


    Zisternen:


    Jedes noch so kleine Haus in der Levante hatte eine Zisterne, größere Häuser hatten oftmals mehrere. Hier wurde das Wasser von Dächern und Innenhöfen gesammelt. Es gab ein kleines Vorbecken, in welchem sich Schmutz und Staub absetzen konnte, so dass nur sauberes Wasser in die Zisterne floss.


    Latrinen:


    Selbst in den Häusern von relativ bescheidenen Händlern gab es Latrinen. Diese waren meistens im Obergeschoss, in der Nähe der Schlafstätten.


    Baumaterialien und Putz:


    Als Baumaterialien konnte man zwischen großen, ordentlich gehauenen Quadern oder Feldsteinen wählen. Die dicken Mauern bestanden immer aus einer inneren Steinreihe und einer äußeren, der Innenraum wurde mit einer Mischung aus kleineren Steinen, Geröll und Mörtel/Putz befüllt.

    Viele Burgen und die Häuser wohlhabender Menschen wurden mit großen Steinquadern erbaut. Wenn man es dann billiger haben wollte, nutzte man die ordentlichen Quader nur für die Ecken der Häuser und für die Fenster und Türbögen. Der Rest der Außen- und Innenmauern wurde dann mit Feldsteinen und/oder unregelmäßigen Quadern erbaut.


    Je nachdem wie toll die Mauer war, wurde sie verputzt oder nicht. Innen wurde meistens verputzt, außen ließ man die schönen Steinquader gerne sichtbar. Wenn man aber auch für die Außenmauer eher ein Sammelsurium an Steinen verwendet hatte, kam auch dort eine dicke Schicht Putz hinauf. Bei verputzten Wänden ließ man die Fenster und Torbögen gerne unverputzt. Besonders die fränkischen Gewölbe waren oft aus einem Sammelsurium an größeren und kleineren Steinchen gebaut, die mit Mörtel zusammengehalten wurden. Danach wurde das ganze unter einer dicken Schicht Putz versteckt.


    Auf dem Putz hat man, je nach Geldbeutel, Wandmalereien angebracht.


    In die Wand gebaut gab es auch oft kleine oder größere Nischen, welche als Schrank oder Regal genutzt wurden. Teilweise waren diese so groß wie Fensteröffnungen und boten beträchtlichen Stauraum.


    Oftmals verwendete man den Stein, den man an der Baustelle vorfand. Zum Beispiel musste der Baugrund geebnet werden und eine Zisterne in den Fels gehauen. Der Aushub reichte dann schon für einen Großteil des Hauses. Wenn man aber wert darauf legte, konnte man besonderen Stein von weiter weg heranschaffen. Sehr gerne bediente man sich auch bei antiken Ruinen!


    Städtisch


    Paläste und große Anwesen:


    Über diese Gebäude weiß man nicht viel, da nicht viel davon erhalten ist. Meistens werden diese Bauwerke aber ein großes Hauptgebäude umfasst haben, welches einen repräsentativen Saal und private Gemächer beinhaltet hat. In Jerusalem gab es viele große Anwesen schon vor Ankunft der Kreuzfahrer. Die Franken hatten zu beinahe jedem eine Vorstellung, welcher biblischen Person es einmal gehört hatte (was natürlich Quatsch ist).


    Palazzi der italienischen Kommunen:


    Die Italiener hatten, zumindest in Akkon und Tyrus, mehrere sehr große Gebäude. Diese hatten eine große Grundfläche und waren 3 oder auch 4 Stockwerke hoch. Das unterste Stockwerk diente als Lager und Verkaufsfläche, in den oberen Stockwerken gab es Apparttements und Räume, die man mieten konnte (was viele Händler getan haben, da sie nur gewisse Monate im Jahr im Orient lebten).


    Häuser um einen gemeinsamen Innenhof:


    Was es häufig gab, waren Innenhöfe, um welche sich mehrere Häuser gruppierten. Meistens waren diese Innenhöfe von der Hauptstraße aus durch eine schmale Gasse erreichbar und an den Innenhof reihten sich mehrere zweistöckige Gebäude. Oft hatten diese Gebäude außenliegende Treppen und manchmal teilten sich mehrere Parteien eine Treppe. In den unteren Stockwerken wurde gearbeitet, oben wurde geschlafen.


    Händlerhäuser:


    Typische Handelshäuser waren an Hauptstraßen gelegen und hatten unten eine Lager und Ladenfläche und oben einen Wohnbereich. Meistens waren diese Häuser länger als breit und die kurze Frontseite war zur Straße hin ausgerichtet. Die beiden langen Seitenwände teilten sich die Häuser dann mit den Nachbargebäuden.


    Turmhäuser:


    Auch eine italienische Sache und eher in Akkon und Tyrus zu finden. Sind ähnlich wie die Palazzi, nur mit kleinerer Grundfläche. Auch hier gibt es unten Lagerräume und oben (meist teure) Mieträume. Diese Gebäude haben den Vorteil, dass sie Schutz bieten!


    Ländlich:


    Reihenhäuser in geplanten Straßensiedlungen:


    Es gab verschiedene Formen von Dörfern. Geplante Straßensiedlungen, bei welchen die Häuser allesamt lang und relativ schmal waren (5x15m). Die kurze Seite grenzte an die Straße und die beiden langen Seitenwände grenzten an die Nachbarshäuser (die Häuser teilten sich zumeist die Seitenwände). Hinter den Häusern hatten die Bewohner kleine Gemüsegärten und dahinter begannen die Felder des Dorfes.


    Innenhofhäuser in ungeplanten Siedlungen:


    In weniger planmäßig gebauten Siedlungen gab es auch Häuser mit Innenhof, eine Bauform die in der Levante schon seit Jahrhunderten verbreitet ist.


    Farmhäuser:


    Ein Stück Abseits der Dörfer gab es auch Farmhäuser, die meistens etwas größer waren als die Häuser der Dörfer. Sie besaßen ein Haupthaus mit Nutzräumen im Erdgeschoss (Lager und Küche) und Wohnräumen im ersten Stock. Daneben konnte es kleine Ställe und weitere Lagerräume geben.


    Herrenhäuser:


    Der Übergang zu Farmhäusern ist fließend, aber Herrenhäuser zeichnen sich dadurch aus, dass sie administrative Zentren für ein Gebiet sind und hier die Steuerabgaben (meistens in Naturalien) eines umliegenden Gebiets gelagert werden. Sie können einem weltlichen Herrn gehören der hier selbst lebt oder einen Verwalter installiert hat, sie können aber auch einer kirchlichen Institution gehören. Herrenhäuser bestehen zumindest aus einem großen (oft auch wehrhaften) Bauwerk aus zwei Stockwerken, unten Küche und Lager, oben repräsentativer Saal und Wohnräume. Bei Bedarf können weitere kleinere Gebäude an den Saalbau angeschlossen werden, wodurch oft ein Innenhof gebildet wird.


    Donjon:


    Der Donjon war ein großer Wohnturm und meistens der erste Teil einer Burg, welche später dann noch erweitert wurde. Alle fränkischen Bauwerke hatten sehr dicke Mauern (2 Meter und mehr), die großen Burgtürme hatten aber Mauern von bis zu 4 oder 5 Metern dicke. Diese dicken Mauern waren nötig um die massiven Gewölbe zu tragen und um den Turm wehrhaft zu machen. Die meisten Türme waren sehr groß und hatten eine rechteckige Grundfläche von 20x20 Metern oder mehr. Zumeist hatten sie zwei Stockwerke (eher selten drei). Das untere Stockwerk wurde als Lagerräume genutzt und besaß nur schmale Schießscharten, während das obere Stockwerk auch breitere Fenster haben konnte um Licht hinein zu lassen. Hier befanden sich Halle und private Gemächer.

    Wenn es nötig war, wurden um den Donjon weitere Gewölbe und eine Mauer errichtet, in denen Lagerräume, Stallungen und dergleichen Platz fanden.

    Vielen Dank für euren Input! :)


    Man muss jetzt noch bedenken, dass die Kreuzfahrer architektonisch sehr vielseitig waren. Es war ein bunter Mix aus südfranzösischer und italienischer Architektur, welche auch viel von Byzanz und der vor Ort üblichen syrischen Architektur übernahm...

    Vor allem wurde ja komplett aus Stein gebaut, was in Europa ja nur selten der Fall war. Zudem war es natürlich im Winter nicht ganz so kalt, wobei auch die Winter im Heiligen Land sehr empfindlich kalt werden konnten.


    Das Haus eines durchschnittlichen Bürgers in einer Stadt oder einer fränkischen Siedlung bestand wohl oft aus mindestens zwei Stockwerken (in Städten konnten es auch drei sein). Meistens waren das dann Tonnengewölbe, die rechtwinklig zur Straße verliefen. Unten wurde gearbeitet und oben geschlafen.


    Ich habe hier mal ein paar Seiten aus einem Buch eingefügt, welche sich mit dem Thema Wohnräume und Schlafräume im fränkischen Königreich Jerusalem befassen. Alles aber etwas vage...


    Man könnte höchstens darauf rumreiten, dass er immer von "domenstic rooms" spricht, selbst in einem bürgerlichen Haus von 4x10m Grundfläche, welches unten alle möglichen Gerätschaften (Olivenpresse, Zisterne, Ofen etc) hatte. Da wäre ja im Obergeschoss noch relativ viel Platz für eine Bürgerfamilie mit 1-2 Knechten.


    Hallo zusammen,


    da ich hier gerade am Recherchieren bin, wollte ich mal sehen ob mir vielleicht jemand helfen kann :)


    Es geht mir darum, wie private Gemächer in den verschiedenen Haushalten ausgesehen haben können. Vor allem was die Raumaufteilung angeht.


    Gehen wir erstmal von einem baronialen Haushalt aus. Also ein Baron, seine Frau, ein paar Kinder und vielleicht noch ein jüngerer Bruder des Baron, sowie seine alte und verwitwete Mutter.


    Wo schlafen die in der baronialen Burg?


    Die Burgen der Kreuzfahrer sind denen Frankreichs und Englands recht ähnlich. Es gibt zumeist einen zentralen Donjon, um welchen sich dann eine Mauer erstreckt, innerhalb derer es noch ein paar Nebengebäude gibt.


    Hier mal ein paar Beispiele für gut erhaltene Donjons:




    Das Problem ist natürlich, dass man allgemein keine Inneneinrichtung erhalten hat und daher steht auch in meinem Lieblingswerk zu dem Thema nicht viel. Bei den meisten Überresten von Kreuzfahrergebäuden fehlt sowieso das obere Stockwerk und deswegen weiß man auch nicht, wie und ob die Kreuzfahrer ihre Hallen dort unterteilt haben. Man müsste also irgendwie Vermutungen anstellen, basierend auf dem was wir aus Westeuropa vielleicht kennen. Aber auch da finde ich nicht viel.


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    Wenn man sich speziell mal Saone vorstellt: Wie haben die diesen oberen Raum genutzt? 16x16m bieten ja genügend Platz für einen Saal und ein paar kleinere Quartiere. Aber natürlich gibt es keine internen Mauern. Schwierig alles...

    Also, sehr wahrscheinlich waren Sergeanten freie Bürger. Kein Adel aber auch keine Leibeigenen. Die Situation in Frankreich war zum Beispiel sehr ähnlich wie im Königreich Jerusalem, auch dort schuldeten die Städte dem König Sergeanten, ich meine in der Summe waren es 8000 Mann, hauptsächlich aus den Städten des Kronguts der Französischen Krone. Philipp Augustus hat bei Bouvines sehr erfolgreich diese Sergeanten eingesetzt. Und auch abgesehen davon waren sie ihm sehr lieb, denn diese Soldaten der Städte waren praktisch wenn es darum ging irgendwelche aufmüpfigen Adligen unter Kontrolle zu bringen.


    Ein Sergeant war wohl ein bürgerlicher Soldat, welcher auf jedenfall besser ausgerüstet und ausgebildet war als ein normaler Bauer oder Bürger. Ob diese Sergeanten beritten oder zu Fuß unterwegs waren ist nicht ganz klar, aber in der Regel wohl eher zu Fuß. Die Option, dass sie zur Schlacht ritten und dort absaßen, gibt es auch noch. Vermutlich war es eine Mischung aus alledem.

    Was mir aber noch nicht ganz klar ist, ist die Frage wer diese Männer waren. Alleine mal für Jerusalem betrachtet:



    Der Patriarch und die Kirchen schulden der Krone 1450 Sergeanten und "die Stadt" Jerusalem nochmal 500. Es kann natürlich sein, dass es sich um Bürger Jerusalems handelt, die in irgend einer Weise diesen Kirchen verpflichtet sind. Das macht auch Sinn wenn man bedenkt, dass historisch das gesamte christliche Viertel (das nordwestliche Viertel der Stadt) dem Patriarchen unterstand. Dort wohnten auch die meisten fränkischen Siedler. Es macht also Sinn, dass aus dem "kirchlichen" Bereich Jerusalems 1450 Männer kommen und aus dem Rest nur 500.

    Das mit den Burgmannen klingt interessant, ich konzentriere mich immer sehr auf die Situation in Frankreich, aber vielleicht muss ich mal was vergleichendes lesen.


    Wir haben ja in Jerusalem immerhin das Glück eine Liste zu haben welche aufschlüsselt wieviele Ritter die einzelnen Lehen der Krone schuldeten. Das ist schon sehr praktisch. (Wurde Anfang des 13. Jhd geschrieben und bezieht sich auf die Zeit vor Hattin). Und in dieser Liste sind eben auch die Sergeanten aufgelistet, welche Kirche und Städte "in Zeiten großer Not" aufbieten müssen. Was es ebenfalls gab, war der Arriere-Ban. Das war das Volksaufgebot, welches der König einberufen konnte. Dann mussten wirklich alle waffenfähigen (fränkischen) Männer zum Heer kommen.


    Falls es dich interessiert, hier mal die vollständige Liste der Lehensverpflichtungen:



    An Gregor: Es ist natürlich immer schwer, weil die Autoren die Begriffe nicht einheitlich benutzt haben. Aber ein Stipendiarius ist bei dem was ich gelesen habe ein Ritter mit Geldlehen, wohingegen es auch Milites Mercenarius gibt, welche eben Söldnerritter waren die öfter einmal ihren Herren gewechselt haben. Beide waren nicht so angesehen, wie die Ritter mit einem Landlehen. Balduin I hat sich einmal beklagt, dass er nicht genug Geld hat um seine Stipendiari zu bezahlen. Renaud de Châtillon wurde allerdings auch (vom Autor sehr abwertend gemeint) als Stipendiarius bezeichnet und der Autor meinte damit eher, dass er ein Söldner war.


    An Catherine: Vielen Dank, ich denke du hast schon recht damit. Habe gerade erst wieder gelesen, wie hoch die soziale Mobilität im zwölften Jahrhundert war. Aber gerade weil das alles so undurchsichtig ist, kann ich nicht damit aufhören mir darüber Gedanken zu machen.


    Es wird auch nicht einfacher dadurch, dass ein Sergeant auch jemand sein konnte der eine Art Lehen inne hatte. Zum Beispiel gab es den "Posten" des Dragomans, das war der Verwalter eines ritterlichen Lehens. Meistens selber ein Ritter, der im Dienst des Herrn stand und der das Amt des Dragoman als (erbliches) Lehen hatte. Gleichzeitig gab es den Scribanus. Auch das war ein Verwalter und auch dieses Amt war erblich. Der Scribanus war aber kein Ritter, sondern ein Sergeant. Der Unterschied zwischen den beiden bestand wohl darin, dass ein Dragoman mehere Dörfer verwaltet hat und ein Scribanus nur eines oder nur einen Gutshof. Ein Scribanus konnte auch ein einheimischer Christ sein.


    Gleichzeitig wird der Begriff Sergeant verwendet wenn es um die Verpflichtungen von Städten und Kirche gegenüber dem Reich geht. Alleine die Kirche vom Heiligen Grab muss dem Reich im Krieg 500 Sergeanten stellen (keine Ahnung ob beritten oder nicht). Da frage ich mich seit Jahren: Was sind das für Männer? Wo kommen die her und was machen die wenn kein Krieg ist? Zumal ein Sergeant schon auch "besser" zu sein schien als ein normaler Bürger oder Bauer der zum Kriegsdienst einberufen wird.


    Der soziale Aspekt ist übrigens für uns mindestens so wichtig wie der militärische, da wir ja normalerweise eher ziviles Leben ausschreiben und nicht ständig im Krieg sind :)

    Ach, es ist einfach kompliziert.

    Ich werde nochmal in meinem Buch "Western Warfare in the Age of the Crusades" herumlesen und hoffe, dass ich noch mehr Informationen zu den Sergeants(Servientes) finde. Dieses sind bei uns die Waffenknechte. Ob, wann und wie die beritten waren ist nicht ganz klar.

    Ich stolpere immer wieder über das Problem der berittenen Waffenknechte. Im elften Jahrhundert wurde eine Armee unterteilt in Milites (Ritter) und Pedites (Fußkämpfer). Dort war wohl einfach jeder Reiter auch gleichzeitig ein Ritter.


    Diese Unterteilung gibt es speziell auch bei den Chroniken des ersten Kreuzzuges. Dort wird auch beschrieben, dass so manch ein Milites sein Pferd verlor und dadurch zum Pedites wurde. Wenn man also als Ritter sein Pferd verlor und auch nicht die Mittel hatte ein neues zu bekommen, konnte man auch gesellschaftlich schnell absteigen. Ich denke das ist ein Schicksal, welches vor allem Rittern geblüht hat, welche nicht im Gefolge eines reichen Herren unterwegs waren und finanziell nicht so toll dastanden.


    Im 13. Jhd wird dann schon unterschieden zwischen Ritter und "Waffenknecht zu Pferd". Wir aber befinden uns näher am 11 Jhd und an den Chroniken des 1. Kreuzzuges.


    Denkt ihr es macht Sinn zwischen Rittern und berittenen Waffenknechten zu unterscheiden? Ich tendiere eigentlich dazu zu sagen, dass jeder Krieger der ein Pferd hat auch ein Ritter ist.