Schwertkampf

Aus Scriptorium

Der Nahkampf des Mittelalters waren aggressiv und brutal. Die Maxime war, den Feind so schnell wie möglich zu überwältigen. Defensive wurde klein geschrieben; Bravado und Kühnheit im Angriff galt als tapfer, mannhaft und ehrenvoll. Ein Mann, der sich im Kampf bloß hinter einem Schild verbarg, verschaffte sich schnell einmal einen Ruf, feige und ehrlos zu sein. Neben Ehrenfragen war ein solches Vorgehen auch durchaus pragmatisch. Professionelle Soldaten und Ritter wurden von früh auf genau darauf trainiert, Verteidigungslücken zu durchschauen und defensive Positionen zu durchdringen – wer in die Defensive geriet, war generell immer drauf und dran, zu verlieren. Schwertkämpfer waren daher dazu angehalten, stets die kürzeste und direkteste Angriffslinie einzuschlagen.

Jene Techniken beschreiben den Kampf mit dem Schwert, allerdings können sie auf jede Nahkampfwaffe angewendet werden. Man konnte jene Techniken auch durchaus mit Speeren, Dolchen und Axten durchführen.

Schwerthaltung

Das Schwert hielt man mit der rechten Hand nahe an der Parierstange. Wenn am linken Arm kein Schild oder eine Sekundärwaffe geführt wurde, so konnte man mit der linken Hand den Schwertknauf halten, um dem Schlag mit dem Schwert mehr Wucht zu verleihen, und dem Schwert mehr Manöverabilität zu geben. Es ist allerdings zu bedenken, dass dies bei einem hochmittelalterlichen Schwert um vieles weniger effektiv war als bei späteren Schwertern, welche einen längeren Griff hatten. Die linke Hand konnte auch dazu benutzt werden, um einem Stich mehr Wucht zu verleihen, indem das Schwert mit ihr zusätzlich vorangeschoben wurde.

Körperhaltung

Als Schwertkämpfer stand man geradlinig vorm Gegner. Die Hüften und der Torso waren parallel zum Gegner, und die Beine waren ganz leicht gebeugt.

Die Fußarbeit war einfach gehalten und unterschied sich nur unwesentlich vom normalen Gehen. Ein Schwertkämpfer trat natürlich nach vorne und zurück, zur Seite, diagonal., und schwenkte auf den Fersen, um seinen Gegner zu Umkreisen. Wichtig war dabei, dass man dem Gegner nicht den Rücken zuwandte oder sonstwie aus den Augen ließ. Man trat auch vor, zurück und seitwärts, um die Distanz zu halten, Hieben auszuweichen, und sich für eine Attacke dem Gegner zu nähern. Die meisten Hiebe wurden von einem Schritt begleitet, um dem Hieb zusätzlichen Schwung und eine zusätzliche Schnittwirkung zu verpassen.

Hiebe

Hiebe waren die wichtigste Angriffsart für Schwertkämpfer. Sie konnten von oben („Oberhau“) oder von unten („Unterhau“) erfolgen. Hiebe werden mit der Schwertkante ausgeführt, und zwar meistens mit der „wahren Kante“, also die untere Kante, welche in einer Linie mit den Fingerknöcheln war. Allerdings konnten Hiebe auch mit der „falschen Kante“, der Kante, die in einer Linie mit dem Daumen war, durchgeführt werden.

Es gab drei Arten von Hieben:

• Der starke Hieb, welcher aus den Schultern und dem Körper heraus durchgeführt wurde

• Der mittelstarke Hieb, welches aus dem Ellenbogen heraus durchgeführt wurde

• Der schwache Hieb, welcher aus dem Handgelenk heraus durchgeführt wurde, und mit dem ein Gegner ohne großen Energieeinsatz schikaniert und auf Distanz gehalten werden konnte.

Fußarbeit war hierbei sehr wichtig – ein Schwertkämpfer hatte in fast jeden Hieb (außer es war ein schwacher Hieb) „hineinzusteigen“, also einen Schritt nach vorne zu machen, um die Wucht des Schlages zu verstärken. Dies musste damit abgestimmt sein, wie der Hieb landete, zum Beispiel also sollte ein Schwertträger, der einen Hieb von links nach rechts durchführt, einen Schritt mit dem linken Bein nach vorne machen, während der Hieb landet.

Um eine noch größere Verwundung herbeizuführen, wurden Hiebe oft mit einem Schnitt kombiniert; siehe weiter unten.

Stiche

Obwohl das Schwert nicht prinzipiell eine Stichwaffe war, so gehörten Stiche dennoch ins Arsenal eines jeden Schwertkämpfers. Stiche konnten von oben und von unten kommen; dabei konnte das Schwert mit dem Handrücken nach oben oder unten geführt werden. Das vorrangige Ziel von Stichen war der Torso, aber auch Handgelenke, Füße, Waden und das Gesicht konnten anvisiert werden (wobei dies kleinere Ziele waren).

Schnitte

Neben Hieben und Stichen konnte man auch Schnitte durchführen – hierbei setzte man das Schwert an der Seite des Körpers des Gegners an und zog oder stieß das Schwert, dabei in den Körper des Gegners eindringend. Dies war eine Technik, die tiefe Wunden verursachen konnte. Für sich allein genommen kam diese Technik jedoch relativ selten zum Einsatz – zum Beispiel, wenn der Platz beengt war.

In Kombination mit einem Hieb kamen Schnitte jedoch sehr häufig vor. Oft drückten Schwertkämpfer, wenn ein Hieb auf den Gegner auftraf, das Schwert nach vorne oder zurück, um eine tiefere, schmerzhaftere Wunde zu erreichen, als das dies nur mit einem einfachen Draufhacken möglich gewesen wäre. Es galt daher als optimal, den Hieb mit einem Schnitt (der oft von einer entsprechenden Hüftbewegung entweder nach vorne oder hinten begleitet wurde) abzuschließen.

Deckung

Die Deckung war eine grundsätzliche Stellung, aus der man einen Schlag abwehren oder ausführen konnte. Sie war besonders wichtig beim Kampf ohne Schild. Diese Deckungen waren nicht statisch, und würden nicht lange inne gehalten werden – vielmehr handelte es sich dabei um Übergänge, aus denen heraus Hiebe und Stiche begannen und aufhörten; es waren also Positionen, aus denen heraus Angriffe begonnen werden würden, nicht defensive Abwehrhaltungen.

Die vier grundsätzlichen Deckungshaltungen waren:

• „Alber“: Diese Deckung wird auch Narrendeckung genannt. Hierbei hält man das Schwert in Hüfthöhe, aber hängt es zum Boden hängen. Aus dieser Deckung heraus kann man sehr gut einen Schlag abblocken, vor allem von unten, aber es ergibt den Anschein, dass man komplett ungedeckt ist – diese Deckung wird benutzt, um einen Angriff herbeizuprovozieren.

• „Pflug“: Beim Pflug hält man das Schwert auf Hüfthöhe. Die Spitze zeigt dabei auf den Kopf oder den Körper des Opponenten.

• „Ochse“: In dieser Stellung wird das Schwert an den Kopf, entweder über die rechte oder linke Schulter, gehalten, und die Spitze zeigt dabei auf das Gegenüber – wie bei den Hörnern eines Ochsen.

• „Vom Tag“: In dieser Stellung hielt man sein Schwert direkt über dem Kopf in einem 45-Grad-Winkel. Aus dieser Stellung heraus konnten schnelle Hiebe von oben aus ausgeführt werden.

Angriff und Gegenangriff

Für jeden Angriff gab es einen Gegenangriff – die ideale Art und Weise, einen Angriff zu entgegnen, war einen Gegenangriff zu machen, und dabei den Schwung des Gegners auszunutzen, um dessen Deckung zu durchdringen.

Ausweichen

Die grundlegendste Art und Weise, einen Angriff zu vermeiden, war ihm auszuweichen. Dies konnte man durch einen Schritt nach hinten erreichen, oder aber, indem man sich nach vorne trat und dem Gegner durch einen Gegenangriff, eine Entwaffnung oder einen Angriff mit der linken Faust zuvorkam.

Versetzen

Schwerter wurden nur selten direkt im 90-Grad-Winkel pariert – dies nutzte ein Schwert schnell ab, und war oft nicht sehr wirksam. Stattdessen wurde beim Parieren das Schwert des Gegners versetzt – man schlug auf die Seite des gegnerischen Schwerts, sodass der Angriff des Gegners ins Leere ging. Jene Versetzungen waren dynamisch und flüssig, und gingen automatisch in Gegenangriffe über.

Binde

Wenn sich zwei Schwerter gegeneinanderpressten, ohne dass es den Kämpfern möglich war, sich aus dieser Situation einfach zu befreien, nannte man dies eine Binde. Dies passierte vor allem, wenn zwei Kämpfer nahe beieinanderstanden. In dieser Situation war der Stärkere m Vorteil, denn er konnte sein Schwert manchmal einfach durchdrücken und damit seinen Gegner verletzen. Allerdings konnte man sich daraus befreien, indem man mit der freien Hand oder dem Schild den Gegner aus dem Gleichgewicht brachte.

Greifen

Eine freie linke Hand gab einem Kämpfer die Möglichkeit für brachiale Optionen wie Greifen, Festhalten, Würgen, Ziehen oder Stoßen. Dies wurde vor allem möglich, wenn sich die Kämpfer nahe waren. Die vorrangigen Ziele von solchen Angriffen waren es, den Gegner auf Distanz zu bringen, ihn seines Gleichgewichts zu berauben, oder ihn zu entwaffnen.

Treten

Neben dem Greifen (welches nicht oder nur sehr schwer möglich war, wenn man einen Schild hielt) gab es auch die Möglichkeit, Beine für den Kampf einzusetzen. Man konnte einen Gegner, der seine Knie entblößte, in die Knie hineintreten, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, und dann sofort mit dem Schwert nachzusetzen.

Halbschwert und Mordhau

Diese Techniken waren im 12. Jahrhundert noch nicht so verbreitet wie im späteren Mittelalter, vor allem da die einhändig geführten Schwerter der Kreuzfahrer zumeist mit einem Schild benutzt wurden. Dennoch stellen diese Techniken kreative Kniffe dar, welche die Vielfältigkeit des Schwerts unter Beweis stellen.

Mit einer freien linken Hand (sofern man keinen Schild hatte, oder den Schild verloren hatte) konnte man die Klinge des eigenen Schwertes ergreifen; dies nannte man „Halbschwert“. Dies erlaubte dem Kämpfer, fiel mehr Wucht in einen Stich zu versetzen, womit man durchaus eine Rüstung durchstoßen konnte. Man konnte das Halbschwert auch benutzen, um die Klinge des Gegenübers in einem Hebel einzuschließen, um ihn anschließend zu entwaffnen.

In seltenen Notstandssituationen auch das Schwert aus der Halbschwert-Position heraus umkehren, indem man mit der rechten Hand nachgriff, das Schwert mit beiden Händen an der Klinge packte und den Knauf oder die Parierstange als Knüppel benutzte. Dies wurde "Mordhau" genannt und war besonders effektiv, wenn man einen durch einen Helm geschützen Schädel brechen wollte. Allerdings konnte man aus dieser Position heraus auch dem Gegner ein Bein stellen, oder ihm die Waffe aus der Hand ziehen.