Ritter und berittene Waffenknechte

    • Offizieller Beitrag

    Ich stolpere immer wieder über das Problem der berittenen Waffenknechte. Im elften Jahrhundert wurde eine Armee unterteilt in Milites (Ritter) und Pedites (Fußkämpfer). Dort war wohl einfach jeder Reiter auch gleichzeitig ein Ritter.


    Diese Unterteilung gibt es speziell auch bei den Chroniken des ersten Kreuzzuges. Dort wird auch beschrieben, dass so manch ein Milites sein Pferd verlor und dadurch zum Pedites wurde. Wenn man also als Ritter sein Pferd verlor und auch nicht die Mittel hatte ein neues zu bekommen, konnte man auch gesellschaftlich schnell absteigen. Ich denke das ist ein Schicksal, welches vor allem Rittern geblüht hat, welche nicht im Gefolge eines reichen Herren unterwegs waren und finanziell nicht so toll dastanden.


    Im 13. Jhd wird dann schon unterschieden zwischen Ritter und "Waffenknecht zu Pferd". Wir aber befinden uns näher am 11 Jhd und an den Chroniken des 1. Kreuzzuges.


    Denkt ihr es macht Sinn zwischen Rittern und berittenen Waffenknechten zu unterscheiden? Ich tendiere eigentlich dazu zu sagen, dass jeder Krieger der ein Pferd hat auch ein Ritter ist.

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    Seine fürstliche Gnaden Guillaume de Bures, Fürst von Tiberias und Herr von Jericho
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    Ritter, Konstabler von Jerusalem

  • Ja und nein - ich hab mir dazu ja schon öfter Gedanken machen müssen. :P


    Ich denke, wenn im Rollenspiel nun jemand einen Jiri (der ist berittener Waffenknecht) als Ritter anspricht, finde ich das zB falsch - denn der unterhält das Pferd nicht selbst, sondern nimmt ein Pferd seines Herrn.

    Und ja, mir ist schon klar, dass das Wort "Ritter" natürlich von "beritten" abzuleiten ist und man das damals wahrscheinlich wirklich noch als sehr gleich angesehen hat.


    Aber ich finde eben auch, dass wir ein mittelalterliches Rollenspiel haben und ein ganz elementarer Kern des Mittelalters ist dieses "Knappen-Ritter"-Ding - und dass mit dem Rittersein auch irgendwo ein Standesaufstieg einhergeht, Prestige - und man eben nicht einfach nur ein Mann mit Pferd ist.

    Ich schätze, wir sollten Ritter als adelig belassen, auch, weil wir das seit zehn Jahren so halten und ein Bruch mittendrin irgendwie unpassend kommt, selbst, wenn wir es nun "falsch" machen. Wir können ja zweierlei Ritter haben.


    Ritter 1: der klassische Ritter, der mit "Titel" (wenn auch keinem Tollen), mit einem Knappen und zwei Pferden. Der ist adelig - und den führen wir im zweiten Stand und als "Ritter" und "Adeliger" in der Signatur.


    Ritter 2: der berittene Bürgerliche, der sich eben doch was Tolles leisten kann. Wulfric würde zB als solcher gelten, denn der hat sogar mehr als nur ein Pferd. Ich würde sagen, diese Leute spricht man durchaus als "Ritter" an, aber die Signaturen geben eben doch das wieder, was sie im normalen Leben sind. Söldner. Handwerksmeister. Keine-Ahnung-was. Ich würde so weit gehen, dass ein Bürgerlicher, der wirklich berufsmäßig auf einem Pferd kämpft, von mir aus auch "Bürgerlicher" als Stand haben kann, aber eben die Signatur "Ritter". Solche Fälle haben wir aber nicht und wenn, sind sie halt selten.

    Also - ich würde es nicht ganz so arg zusammennehmen, wie es historisch richtig wäre, aber auch nicht mehr so ganz streng trennen, wie wir es bisher getan haben. Ich hoffe, es ist verständlich wie ich es meine. :)

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    Ihre königliche Hoheit Melisende von Jerusalem, Königin von Jerusalem
    Adlige von Jerusalem

  • Persönlich würde ich zwischen Ritter und Waffenknecht unterschieden. Bis dato wurde es so gehandhabt und obwohl das Königreich Jerusalem sehr nah an der Historie ist, muss es ja nicht eins zu eins historisch sein. Unsere Charaktere sind ja auch keine Personen die real existiert hätten, jedenfalls größtenteils sind sie es nicht.


    Weshalb ich nun zwischen Ritter und Waffenknecht trennen würde, dafür habe ich mehrere Gründe :)

    Der erste Grund wäre, dass man so einen erspielbaren Erfolg/Aufstieg hat. Cedrick z.B. kann Ritter werden, er kann es aber auch vergeigen. Ein Bürgerlicher der in den Ritterstand erhoben wird, hat dementsprechend auch einiges zu leisten.


    Wäre ein Reiter direkt ein Ritter ist die Frage was macht den Ritter an sich sonst aus? Das er ein reitender Kämpfer ist?

    Oder das er die Pferde etc. auch unterhalten kann?


    Üblicherweise verbindend man mit dem Ritter:

    Passende Rüstung, Bewaffnung, Pferde (kostspielig)

    die Bereitschaft zur Verteidigung von Land und Burg

    Kriegsdienste, Vasallendienste an seinen Herrn


    Ein bürgerlicher Reiter der nun auf einem Pferd sitzt und ebenfalls kämpft, hat die v.g. Dinge nicht zu erfüllen.


    Du hast Recht wir sind im 1100 Jahrhundert, aber schon im alten Rom hatten die römischen Eques (abgeleitet von Pferd) eine Sonderstellung. Sie gehörten zum Equester Ordo einen mit besonderen Rechten versehenen Stand und man könnte sie durchaus ebenfalls als "Ritter" bezeichnen. In der römischen Republik gehörten auch Angehörige der Nobilität zu den Equites. :)


    Persönlich finde ich es z.B. nicht weniger wert auf einem guten Pferd zu sitzen und Waffenknecht zu sein, als ein Ritter zu sein der mit voller Rüstung und Schlachtross in die Schlacht zieht. Ein guter Ritter ist deshalb gut, weil er einen guten Waffenknecht oder Knappen an seiner Seite weiß. Die erste Geige spielt da der Ritter, die zweite der Knappe. Oft wird aber leider verkannt, welche Schwierigkeiten und welches Können dahinter steckt eine gute zweite Geige zu sein, sprich ein guter Handlanger. Gleiches gilt z.B. für einen Diener, Pagen, Leibdiener. Ohne jene Personen wären Herrscher, Ritter etc. nicht das was sie sind. Und ich denke jeder ältere Waffenknecht hat mehr Schlachterfahrung als so mancher junge Ritter. Also abwertend ist es für mich in keinem Fall Waffenknecht oder Knappe zu sein, auch nicht mit meinem anderen Char. Im Gegenteil, da wählte ich bewusst bürgerlich :) :thumbup:


    Du führst auf, dass in den Chroniken die Unterteilung im elften Jahrhundert einer Armee in Milites (Ritter) und Pedites (Fußkämpfer) vorgenommen wurde. Hier muss ich mal ganz blöde fragen, ob das vielleicht einfach dort der Schlichtheit geschuldet war? Wäre das möglich? Hoch zu Ross = Reiter/unsere Ritter. Fußtruppe = Pedites. So dass man dort gar nicht groß unterschieden hat. Es ging vielleicht rein um die Schlacht? Ist nur eine Vermutung meinerseits. Wer sein Pferd verloren hatte, war dann leider Fußgänger.


    Konnte sich der Ritter nach der Schlacht kein neues Tier leisten, dann konnte er seinen Stand nicht halten. Er hätte dann auch keine Vasallendienste mehr leisten können etc. Also wäre er verarmt. Die Frage hier wäre dann, wäre es nicht in dem Fall möglich gewesen, sich an seinen Herrn zu wenden mit der Bitte um einen Kredit? Eben um die entsprechenden Dienst am Herrn weiter leisten zu können? Er hätte sich ja kein Schlachtross davon kaufen müssen, ein einfaches, gutes Pferd hätte es für den Anfang auch getan. :) Wer natürlich keinen Herrn hatte, der konnte diesen auch nicht um Hilfe bitten :( das stimmt schon.


    Jedoch rein auf das Spiel bezogen fände ich es sehr schön, wenn der Ritter als Aufstieg erhalten bleiben würde. :) :thumbup:

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    Seine Gnaden Cedrick von Cornberg
    Adliger von Jerusalem
    Knappe von Edmund von Westernach

  • Hallo,

    ich denke (wie Mina) auch, dass ein Ritter bei uns im Sinne der Ansicht der Allgemeinbevölkerung - also der Nicht-Historiker - ein Adeliger sein sollte, der ein Wappen führt und seine Pferde und ggf. Knappen usw. selbst unterhalten kann (ggf. au einem Geldlehen oder über einen Landesherren, dem er dient.


    Gegenbeispiel: Nicht jeder, der in einer Herrschaft zwei Pferde stiehlt und damit zum übernächsten Landstrich reitet kann dort als 'Ritter' angesehen werden, oder? ;)


    Handhaben wir es doch weiter so, wie es in diesem Forum und nach 'Allgemeinwissen' bisher der Fall war.

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    Seine Gnaden Hectore du Caylar
    Adliger von Jerusalem
    Ritter

  • Gegenbeispiel: Nicht jeder, der in einer Herrschaft zwei Pferde stiehlt und damit zum übernächsten Landstrich reitet kann dort als 'Ritter' angesehen werden, oder? ;)

    Das wäre der zweite Karriereweg :thumbup: ^^ :thumbup:

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    Seine Gnaden Cedrick von Cornberg
    Adliger von Jerusalem
    Knappe von Edmund von Westernach

  • Gab es damals schon Brandmale auf Pferden? Ist es einerlei, ob das Pferd tatsächlich einem gehört, ausgeliehen, gestohlen oder geraubt ist? Als 'noch kein Pferd'-Besitzer', 'noch-nicht-zum-Ritter-geschlagener' ist Johann derzeit nur Knappe. Der würd sich auch ein Pferd eher ausleihen als es tatsächlich zu besitzen, sowieso würd er sich kaum um ein Pferd kümmern wollen und immer schön an den nächstbesten abschieben.

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    Seine Gnaden Johann von Westernach
    Adliger von Jerusalem

    • Offizieller Beitrag

    Ach, es ist einfach kompliziert.

    Ich werde nochmal in meinem Buch "Western Warfare in the Age of the Crusades" herumlesen und hoffe, dass ich noch mehr Informationen zu den Sergeants(Servientes) finde. Dieses sind bei uns die Waffenknechte. Ob, wann und wie die beritten waren ist nicht ganz klar.

  • Bin gerade unterwegs und kann daher nicht viel schreiben. Ja, wir haben im Grunde genommen die Umstände des HRR im 14. Jahrhunderts auf das 12. abgekupfert. Bei uns war das noch viel „archaischer“. Sofern ich mich erinnern kann gab es den Begriff des ritters noch gar nicht so lange; die karolinger hatten ja noch ihre panzerreiter und keine Spur vom Rittertum.


    Dennoch weiß ich nicht wieviel man in diesen Bericht über Milites vs pedites reinlesen kann (abgesehen davon dass 1099 bei uns schon fast zwei Generationen her ist). Miles heißt eigentlich „Soldat“, und ich kann mich daran erinnern etwas gelesen zu haben davon dass man da Unterscheidungen machte (ich kann mich vage an das Konzept eines „miles stipendiarius“, ein „belehnter Soldat“, im Gegensatz zu anderen milites, erinnern).


    Die Orden, zumindest die templer, unterschieden auf jeden Fall schon zwischen ordensrittern und Sergeanten (die bei den templern immer nicht-adlig aber beritten waren).


    Und außerdem würde ich sagen zumindest gesellschaftlich bestünde ein Unterschied. Von einem adligen wird ein ganz anderer Lebenswandel erwartet als von einem gemeinen, und zudem besteht beim Rittertum das gewisse sakrale etwas (die schwertleite gab es bei uns schon, und es wäre gut würde das etwas bedeuten).


    Daher wäre ich eigentlich dafür es so zu belassen wie wir es haben. Eine Idee wäre vllt, einen Unterschied zwischen waffenknecht zu Fuße (armer schlucker) und einem waffenknecht zu Ross (steht mit einem Bein im Adel) einzuführen? Aber selbst das wirft Fragen auf; ein berittener turkopole zum Beispiel würde gesellschaftlich, Pferd hin oder her, gewiss niedriger dastehen als ein erfahrener, schwer bewaffneter waffenknecht zu Fuß aus einer Region wo man einfach traditionell lieber zu Fuß kämpfte (Schwaben, Schottland usw).

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    Seine Seligkeit Gregor von Brandis, Patriarch von Jerusalem, Baron von Nazareth
    Bischof der römisch-katholischen Kirche
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  • Bei mir ist es jetzt auch ein bisschen her, dass ich mich das letzte Mal im Detail mit Rittern und ihrer Abgrenzung beschäftigt habe (und ich bin auch immer nur im HRR und noch dazu mehr unter sozialen Aspekten unterwegs gewesen), aber ich denke auch, dass wir hier ein klassisches Problem von Geschichte und Spiel haben. Ritter haben sich (zumindest im Reich) meines Wissens ja überhaupt erst v.a. im 12. Jahrhundert als Teil der/aus den miles als deutlich weiter gefasster Begriff der Soldaten entwickelt (oft auch parallel zum Ende von Phänomenen wie den Ministerialen) und diese klare Abgrenzung nach unten, die dann Waffenknechte, Knappen etc. erklärt, hängt dann auch damit zusammen, dass sich Konzepte wie Ritterbürtigkeit, wie sie dann im 13. Jahrhundert auch juristisch fassbar werden, langsam herausbilden. (Und das wiederum bildet sich ja auch heraus, weil Ritter einfach übers Militärische hinaus immer wichtiger wurden, weil die z.B. als Dienstleute von höherrangigen Adeligen auch nicht-militärische Aufgaben übernahmen, Zeugen bei Urkunden ihrer Herren waren etc.) Das Problem fürs Spiel ist glaube ich einfach wirklich, dass realhistorisch die Übergänge sehr fließend waren/sein konnten und das militärhistorische sich nicht vom sozialhistorischen trennen lässt. Das Beispiel mit dem Reiter, der durch den Verlust seines Pferdes zum Fußsoldaten wurde, passt da denke ich wirklich sehr gut: Ritter standen eben oft nur so mit einem Fuß im Adel und hatten dadurch bestimmte Standeserwartungen zu erfüllen, konnten aber auch ganz schnell wieder in die Bedeutungslosigkeit und das Bauerndasein absteigen. (Das sieht man auch dann noch im Spätmittelalter mit "Raubrittern" gut, die eben so verarmt waren, dass ihnen der Standesabstieg drohte, obwohl in der Zeit Adel per Geburt deutlich klarer definiert war als im 11./12. Jh. Aber selbst fürs Spätmittelalter ist die Frage "Wann ist jemand adelig?" eine neverending story.)


    Ich vermute aber, gerade nach der Diskussion hier im Thread, ehrlich gesagt auch ein wenig, dass die Diskussion über die realhistorischen Gegebenheiten müßig ist, weil da die Grenzen eben zu fließend sind, um sie halbwegs zugänglich im Spiel zu haben. Und da finde ich leicht verständliche Lösungen am besten und unkompliziertesten. Am einfachsten ist da vermutlich wirklich eine Definition grob in der Richtung, dass ein berittener (Nieder-)Adeliger ein Ritter ist, um ihn pauschal von allen anderen Soldaten bzw. Waffenknechten abzugrenzen, gleichzeitig aber auch zu ermöglichen, dass Leute mit dem nötigen finanziellen und ggf. sozialen Hintergrund oder Connections Ritter werden können. Das begreift dann ein paar Details etwas freier, ist aber vermutlich am einfachsten zu handhaben und lässt gut Freiheiten für Kreativität. (Was wiederum historisch eigentlich ganz korrekt ist, wenn ich daran denke, auf welchen merkwürdigen Pfaden Niederadelige/Ritter manchmal aufsteigen konnten.)

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    • Offizieller Beitrag

    An Gregor: Es ist natürlich immer schwer, weil die Autoren die Begriffe nicht einheitlich benutzt haben. Aber ein Stipendiarius ist bei dem was ich gelesen habe ein Ritter mit Geldlehen, wohingegen es auch Milites Mercenarius gibt, welche eben Söldnerritter waren die öfter einmal ihren Herren gewechselt haben. Beide waren nicht so angesehen, wie die Ritter mit einem Landlehen. Balduin I hat sich einmal beklagt, dass er nicht genug Geld hat um seine Stipendiari zu bezahlen. Renaud de Châtillon wurde allerdings auch (vom Autor sehr abwertend gemeint) als Stipendiarius bezeichnet und der Autor meinte damit eher, dass er ein Söldner war.


    An Catherine: Vielen Dank, ich denke du hast schon recht damit. Habe gerade erst wieder gelesen, wie hoch die soziale Mobilität im zwölften Jahrhundert war. Aber gerade weil das alles so undurchsichtig ist, kann ich nicht damit aufhören mir darüber Gedanken zu machen.


    Es wird auch nicht einfacher dadurch, dass ein Sergeant auch jemand sein konnte der eine Art Lehen inne hatte. Zum Beispiel gab es den "Posten" des Dragomans, das war der Verwalter eines ritterlichen Lehens. Meistens selber ein Ritter, der im Dienst des Herrn stand und der das Amt des Dragoman als (erbliches) Lehen hatte. Gleichzeitig gab es den Scribanus. Auch das war ein Verwalter und auch dieses Amt war erblich. Der Scribanus war aber kein Ritter, sondern ein Sergeant. Der Unterschied zwischen den beiden bestand wohl darin, dass ein Dragoman mehere Dörfer verwaltet hat und ein Scribanus nur eines oder nur einen Gutshof. Ein Scribanus konnte auch ein einheimischer Christ sein.


    Gleichzeitig wird der Begriff Sergeant verwendet wenn es um die Verpflichtungen von Städten und Kirche gegenüber dem Reich geht. Alleine die Kirche vom Heiligen Grab muss dem Reich im Krieg 500 Sergeanten stellen (keine Ahnung ob beritten oder nicht). Da frage ich mich seit Jahren: Was sind das für Männer? Wo kommen die her und was machen die wenn kein Krieg ist? Zumal ein Sergeant schon auch "besser" zu sein schien als ein normaler Bürger oder Bauer der zum Kriegsdienst einberufen wird.


    Der soziale Aspekt ist übrigens für uns mindestens so wichtig wie der militärische, da wir ja normalerweise eher ziviles Leben ausschreiben und nicht ständig im Krieg sind :)

  • Gleichzeitig wird der Begriff Sergeant verwendet wenn es um die Verpflichtungen von Städten und Kirche gegenüber dem Reich geht. Alleine die Kirche vom Heiligen Grab muss dem Reich im Krieg 500 Sergeanten stellen (keine Ahnung ob beritten oder nicht). Da frage ich mich seit Jahren: Was sind das für Männer? Wo kommen die her und was machen die wenn kein Krieg ist? Zumal ein Sergeant schon auch "besser" zu sein schien als ein normaler Bürger oder Bauer der zum Kriegsdienst einberufen wird.


    Eventuell war hier servietes equites/frz. sergents a cheval gemeint? So bezeichnete man ab ca. 12. Jahrhundert berittene Soldaten welche nicht ritterlicher Abstammung waren, sprich nicht adelige Kriegsknechte, Berufskrieger etc. die nach ritterlicher Art und Weise ausgerüstet und bewaffnet gewesen sind. Die Bezeichnung kam auch bei militärischen Ritterorden zum Einsatz, dort wurden nichtritterliche Ordensmitglieder ebenfalls als Sergeants bezeichnet.


    Eventuell sind also jene Männer gemeint? Die Kirche könnte Berufskrieger angeheuert haben oder Ordensmitglieder entsandt haben. :)

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    • Offizieller Beitrag

    Ja natürlich, soweit war ich auch schon. :)


    Weder Berufskrieger noch Ordensleute macht Sinn, denn die so viele Söldner muss man erst einmal finden und die Ritterorden sind ein anderes Thema 🙂

  • Es wird auch nicht einfacher dadurch, dass ein Sergeant auch jemand sein konnte der eine Art Lehen inne hatte. Zum Beispiel gab es den "Posten" des Dragomans, das war der Verwalter eines ritterlichen Lehens. Meistens selber ein Ritter, der im Dienst des Herrn stand und der das Amt des Dragoman als (erbliches) Lehen hatte. Gleichzeitig gab es den Scribanus. Auch das war ein Verwalter und auch dieses Amt war erblich. Der Scribanus war aber kein Ritter, sondern ein Sergeant. Der Unterschied zwischen den beiden bestand wohl darin, dass ein Dragoman mehere Dörfer verwaltet hat und ein Scribanus nur eines oder nur einen Gutshof. Ein Scribanus konnte auch ein einheimischer Christ sein.


    Gleichzeitig wird der Begriff Sergeant verwendet wenn es um die Verpflichtungen von Städten und Kirche gegenüber dem Reich geht. Alleine die Kirche vom Heiligen Grab muss dem Reich im Krieg 500 Sergeanten stellen (keine Ahnung ob beritten oder nicht). Da frage ich mich seit Jahren: Was sind das für Männer? Wo kommen die her und was machen die wenn kein Krieg ist? Zumal ein Sergeant schon auch "besser" zu sein schien als ein normaler Bürger oder Bauer der zum Kriegsdienst einberufen wird.

    Ah, ich habe keine Ahnung von den Sergeants, aber das klingt so, wie du es beschreibst, eigentlich ziemlich ähnlich wie das, was ich von Burgmännern im 12./13. Jh. im HRR kenne. Die waren als untere Führungsschicht bei der Burgbesatzung auch in der Regel mehr oder weniger adelig, teils auch mit einem Burglehen verbunden, und hatten sehr wahrscheinlich in wechselndem Umfang normales Fußvolk unter sich, das ebenfalls zur Besatzung gehörte, und waren lokal - je nach Burggröße - teils sogar recht einflussreich, existierten aber parallel zu anderen, nicht zwingend adeligen Leuten, die Verwaltungsämter innehatten. Bei beiden würde ich "adelig" im 12. Jahrhundert zwar vorsichtig als Begriff einsetzen, weil gerade die Burgmänner als Kämpfer mit Entscheidungsgewalt nach der Logik der Ständegesellschaft im Idealfall natürlich adelig sein "mussten", aber diese Leute sind meistens historisch schlecht fassbar und die Zuschreibung kommt gerne auch mal aus späteren Quellen, als diese Positionen fester institutionalisiert waren. Zumal viele von diesen Leuten/Familien auch nach ein oder zwei Generationen wieder komplett verschwinden, wenn man sie überhaupt nachverfolgen kann, weil die wohl auch schnell wieder in die nicht-adelige Bedeutungslosigkeit absteigen konnten. Alles, während es ja gleichzeitig Leute in ursprünglich nicht-adeligen Verwaltungspositionen gab, die spätestens im 13. Jahrhundert (oder sonst in der Frühen Neuzeit) über diese Ämter sich ihren Adel mehr oder weniger erarbeiten konnten. Erblich war das alles sowieso nicht zwingend, aber meistens und da konnten sich auch ganze "Dynastien" in diesen Positionen herausbilden. Ich weiß nicht, ob das wirklich mit den Sergeanten vergleichbar ist, aber es klingt zumindest mal für mich recht ähnlich. (Das mit den 500 Sergeanten im Kriegsfall ist aber spannend, auch weil das ja wirklich viel sind)

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    • Offizieller Beitrag

    Das mit den Burgmannen klingt interessant, ich konzentriere mich immer sehr auf die Situation in Frankreich, aber vielleicht muss ich mal was vergleichendes lesen.


    Wir haben ja in Jerusalem immerhin das Glück eine Liste zu haben welche aufschlüsselt wieviele Ritter die einzelnen Lehen der Krone schuldeten. Das ist schon sehr praktisch. (Wurde Anfang des 13. Jhd geschrieben und bezieht sich auf die Zeit vor Hattin). Und in dieser Liste sind eben auch die Sergeanten aufgelistet, welche Kirche und Städte "in Zeiten großer Not" aufbieten müssen. Was es ebenfalls gab, war der Arriere-Ban. Das war das Volksaufgebot, welches der König einberufen konnte. Dann mussten wirklich alle waffenfähigen (fränkischen) Männer zum Heer kommen.


    Falls es dich interessiert, hier mal die vollständige Liste der Lehensverpflichtungen:



  • Das ist wirklich knifflig. :) Die Sergants machen es uns nicht leicht ^^

    Zur Frage was ein Sergant dann wirklich ist, möglicherweise hat es mit der Befehlsgewalt zu tun? Als Rang im Militär verwendet, wie auch als "Befehlshaber" sobald er ein Lehen führt? Spricht dort auch leitet?


    Im Buch The Medieval Warhorse steht leider nichts dazu, was die Kreuzzüge angeht. Schade, ich dachte eventuell finde ich dort einen Hinweis. Leider wird sich dort sehr stark auf die Templer konzentriert, da von ihnen einiges an Informationen rund um das Pferd, die Verpflegung etc. erhalten geblieben ist. Sprich ich habe versucht über das Pferd im Mittelalter an eventuelle Informationen zu kommen. Leider bis dato ohne Erfolg.

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    • Offizieller Beitrag

    Also, sehr wahrscheinlich waren Sergeanten freie Bürger. Kein Adel aber auch keine Leibeigenen. Die Situation in Frankreich war zum Beispiel sehr ähnlich wie im Königreich Jerusalem, auch dort schuldeten die Städte dem König Sergeanten, ich meine in der Summe waren es 8000 Mann, hauptsächlich aus den Städten des Kronguts der Französischen Krone. Philipp Augustus hat bei Bouvines sehr erfolgreich diese Sergeanten eingesetzt. Und auch abgesehen davon waren sie ihm sehr lieb, denn diese Soldaten der Städte waren praktisch wenn es darum ging irgendwelche aufmüpfigen Adligen unter Kontrolle zu bringen.


    Ein Sergeant war wohl ein bürgerlicher Soldat, welcher auf jedenfall besser ausgerüstet und ausgebildet war als ein normaler Bauer oder Bürger. Ob diese Sergeanten beritten oder zu Fuß unterwegs waren ist nicht ganz klar, aber in der Regel wohl eher zu Fuß. Die Option, dass sie zur Schlacht ritten und dort absaßen, gibt es auch noch. Vermutlich war es eine Mischung aus alledem.

    Was mir aber noch nicht ganz klar ist, ist die Frage wer diese Männer waren. Alleine mal für Jerusalem betrachtet:



    Der Patriarch und die Kirchen schulden der Krone 1450 Sergeanten und "die Stadt" Jerusalem nochmal 500. Es kann natürlich sein, dass es sich um Bürger Jerusalems handelt, die in irgend einer Weise diesen Kirchen verpflichtet sind. Das macht auch Sinn wenn man bedenkt, dass historisch das gesamte christliche Viertel (das nordwestliche Viertel der Stadt) dem Patriarchen unterstand. Dort wohnten auch die meisten fränkischen Siedler. Es macht also Sinn, dass aus dem "kirchlichen" Bereich Jerusalems 1450 Männer kommen und aus dem Rest nur 500.

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  • Ich habe gerade leider keine genauen Quellenangaben zur Hand, aber generell geht man zu unserer Zeit bei einem "Sergeant" vom üblichen Waffenknecht aus, der über dem gemeinen Pöbel im Heer stand, weil er ausgebildet war, aber unter dem standesrechtlichen Ritter. Dabei konnte er, wie auch schon von Guillaume aufgeführt, beritten oder zu Fuß unterwegs sein. Ähnlich wie Knappen konnten Sergeanten/Waffenknechte auch einem Ritter direkt unterstellt sein und eine von ihm übertragene Aufgabe ausführen, sei es bewaffneter Kampf, führen von Bauern oder Kontrollieren eben jener etc.

    In England ab dem 13. Jahrhundert hat man auch Ordnungshüter, die man mit Schlichtern oder den Wachleuten im Gericht vergleichen könnte, benannt. Die hießen da auch Sergeant.

    Zusätzlich waren diese Sergeanten immer jemandem verpflichtet, sei es die Kirche, Krone, Ritter oder sogar einer Stadt (da würde ich zum Beispiel die Garnisom im Davidsturm so betrachten).


    Wenn nun Sergeanten geschuldet werden, wäre das Anhand des Beispiels von Jaffa mit 25 Rittern so auszulegen, dass 1 Ritter von Jaffa vielleicht noch 10 Waffenknechte aufbieten kann. Männer, die ihm direkt unterstellt sind, kämpfen können und eine Art Befugnis gegenüber Untergebenen innehaben. Wie diese ausgerüstet waren kann ich nur mit den späteren Angaben vergleichen, wo man sie mit einem Ausrüstungsgrad von Söldnern (Genueser Armbrustschützen, Anführer von Gruppen englischer Langbogenschützen) gleichsetzt, oder als "Halbritter" bezeichnen konnte. Ähnlich wie die Halbbrüder des Deutschen Ordens oder eben den Sergeanten der Templer und Johanniter.


    Meinen Charakter Friedrich würde ich da als Beispiel aufführen. Der gehört als Stallmeister zu den Westernachs und durch sein Aufgabengebiet Stallmeister der Familie, zukünftiger Leiter des Hofgutes in Qalunia und ehemaliger Waffenknecht von des Fürsten Nassau, würde man den sicher auch schon als Sergeant führen. Jiri vielleicht sogar auch noch.


    Somit würde ich ja fast behaupten, dass in unserer Zeit oder im Forum der Sergeant mit einem Waffenknecht per Aufgabengebiet gleichgesetzt werden kann. WIE dieser am Ende ausgestattet ist, ist dem überlassen, dem der Waffenknecht zugehörig ist.

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    Seine Gnaden Thierry II. de Béziers
    Adliger von Jerusalem
    Ritter

  • @Guillaume: danke! Ich habe da meine Begriffe durcheinander gebracht. Die Unterscheidung die ich im Hinterkopf gehabt habe war zwischen Miles nobilis (edler Soldat - also ritter) und Miles gregarius (Soldat aus dem Volk - also waffenknecht).


    Für einen berittenen Waffenknecht kann ich das Wort „Reisiger“ anbieten. Das ist aus dem Spätmittelalter belegt aber hat den Vorteil ein eindeutiges Wort zu sein!


    Für die pedites gäbe es das ebenfalls belegte Wort „Fußknecht“.


    Wären reisiger und fußknecht eine passende Bezeichnung für das was du suchst?


    Oben wurde auch Burgmann erwähnt, aber ich glaube das war eher für Mitglieder der Garnison einer Burg oder einer Stadt.

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    Seine Seligkeit Gregor von Brandis, Patriarch von Jerusalem, Baron von Nazareth
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